Als Betreiber einer Werbeagentur kommt es vor, dass ich auch mal eine Speisekarte drucken lassen muss. So auch neulich für eine Pizzeria in Bodenfelde. Inhaber ist ein netter, allen Klischees entsprechender Italiener aus der Gegend um Bari in Apulien. Als ich ihm seine Speisekarten brachte, kam er gerade aus dem Urlaub in der Heimat zurück und erzählte stolz, er habe sich auch Olivenöl mitgebracht. Es handelte sich um ein Olivenöl Extra Nativ der in der Gegend um Bari beheimateten Ölmühle (und Abfüllbetrieb) Desantis. Seine Verwandten hätten ihm das Öl besorgt (ich sah ca. 36 Literflaschen), und es sei sehr billig gewesen. Nur 2,90 € die Flasche. „Ich will Dich ja nicht enttäuschen,“ sagte ich zu ihm, „aber das ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein reines italienisches Olivenöl. Ich probiere das gerne für Dich, wenn ich das nächste mal komme.“ So lange wollte er wohl nicht warten und schenkte mir kurzerhand eine Flasche des golden glänzenden Öls. Nun habe ich etwas recherchiert, was im Internetzeitalter ja nicht so schwer ist. Auf der Webseite von Desantis wird das Öl als fruchtig, nach Oliven duftend beschrieben. Hergestellt aus sonnengereiften Oliven mittels kontinuierlicher Extraktion und anschließender Filterung. Als Olivensorten werden Ogliarola und Coratina angegeben. Der Geschmack wird als pikant mit süßem Abgang geschildert. So habe ich es zumindest der italienischen Webseite entnommen. Da ich des Italienischen nicht wirklich mächtig bin, kann ich aber auch etwas falsch verstanden haben, ich lasse mich gerne berichtigen.
Natürlich habe ich das Öl auch probiert, hatte ich ja versprochen, aber erst einmal zur Präsentation auf der italienischen Webseite: Bei vorliegender Flasche handelt es sich um das OLIO EXTRA VERGINE DI OLIVA „SAN GIOVANNI“, welches als zweites, gleich nach dem OLIO EXTRA VERGINE DI OLIVA 100% ITALIANO beschrieben wird. Womit wir schon beim Thema wären. Warum gibt es ein 100% Italiano, wenn doch suggeriert wird, dass es sich auch bei dem „San Giovanni“ um italienisches Öl handelt?
Beim Betrachten des Rückenetiketts wird klar, dass das Öl von Desantis abgefüllt wurde, vom Hersteller keine Silbe. Die Verkostung macht es dann noch deutlicher. Im Geruch ist das Öl sehr fruchtig mit Noten von Cassis. Dies ist ein untrügliches Zeichen dafür, das die spanische Picual-Olive (und zwar ziemlich reif geerntet) mit im Spiel ist. So schmeckt das Öl denn auch gar nicht italienisch. Es ist bitter-süßlich-bananig wobei der Bitterton dominiert. Ich werde es zum Braten benutzen, zum kalten Verzehr scheint es mir nicht geeignet. Der niedrige Säurewert von nur 0,55% bedeutet zumindest (wenn alles mit rechten Dingen zugeht – dies ist nur chemisch nachzuweisen), dass es sich nicht um Lampantöl handelt.
Es sind auch noch andere Öle – darunter zwei D.O.P.-Olivenöle im Programm des Herstellers, die ich gerne probieren würde. Die müssen ja zwingend aus der Gegend sein. Die Präsentation der Öle auf der Webseite ist ausgesprochen gut. Es fehlen lediglich Polyphenol- und K-Werte, um auf die Qualität schließen zu können. Vorliegendes Öl, welches zu einem Preis angeboten wird, zu dem man es eigentlich nicht herstellen kann (Herstellungskosten für Olivenöl Extra Nativ betragen im günstigsten Fall 4,- € pro Liter – ohne Flasche, Etikett, Karton und Versand), würde ich es nicht kaufen. Schon aus Respekt vor den Olivenerntehelfern in Italien, die gerade im Süden des Landes nur Hungerlöhne verdienen.