Oder doch nicht? Besitzt man mehrere italienische Kochbücher, findet sich bestimmt in jedem ein Rezept für Ossobuco. Blöd nur, dass kein Rezept dem anderen gleicht. Also mache ich ebenfalls mein eigenes. Hat schon der selige Alfred Walterspiel gemacht. Und gar nicht so schlecht, wie ich finde (von ihm ist die Idee, auf Zwiebeln und Knoblauch zu verzichten, siehe unten). Nebenbei: Der Küchenmeister Rudolf Betz, bei dem ich das Glück hatte, den Kochberuf erlernen zu dürfen, kochte als junger Spund Ende der 40er Jahre bei Walterspiel im „Hotel Vier Jahreszeiten“ in München. Im zerbombten München ging es über Schutt und Holzplanken in die im Keller befindliche Küche. Aber zurück zum Ossobuco, was soviel heißt, wie Knochen mit Loch.
Viele Feinschmecker sind sich einig, dass gerade dieses Loch das Wichtigste beim Ossobuco ist, denn es beherbergt das Knochenmark: unheimlich schmackhaft – wer’s mag.
Für mein Ossobuco benötige ich in ca. 4 cm Breite geschnittene Scheiben von der Kalbshaxe. Da das Fleisch der Kalbshaxe butterzart wird, und die Tendenz zeigt, vom Knochen zu fallen, binde ich die Scheiben rundherum mit Küchengarn fest. In einem großen Bräter lasse ich Olivenöl und Butter, zusammen gute 100 g, gerne auch mehr, heiß werden. Die Kalbshaxenscheiben werden nun mehliert, gut abgeklopft und in dem Butter-Olivenölgemisch auf beiden Seiten angebraten, bis sie eine angenehm hellbraune Farbe bekommen. Es waren sechs Scheiben, die sollten auch nebeneinander in den Bräter passen.
Allein die Farbe der Haxenscheiben, ich kann mich gar nicht satt sehen. Als wenn man schon jemals vom anschauen satt geworden wäre.
Mehliert und im munter prasselndem Butter-Olivenölgemisch angebraten.
Vorab habe ich eine halbe Sellerieknolle (alternativ einen Stangensellerie) und fünf mittelgroße Karotten in feine Würfel geschnitten. Zwiebeln? Knoblauch? Nix da, alles zu deftig für mein zartes Kalbshäxchen.
Ein schönes helles Braun ziert die Oberfläche der Kalbshaxenscheiben.
Die angebratenen Haxenscheiben aus dem Bräter genommen und warm gestellt. In dem Butter-Olivenölgemisch werden nun die Karotten- und Selleriewürfel angeschwitzt (hier nun die Frage: Tomatenmark, ja oder nein? Ich hab das mal mit nein beantwortet) und mit einem trockenen, italienischen Weißwein abgelöscht. Eine halbe Flasche Pinot Grigio oder Chardonnay darf es schon sein. Dazu kommt ein halber Liter Kalbsfond, bzw. 250 ml hausgemachte Demiglace und etwa die gleiche Menge Wasser – ach was: Weißwein! Einmal aufkochen lassen, die Kalbshaxen dazu geben, Deckel drauf und bei 160° C im Ofen zart schmoren lassen. Dauert, je nach Dicke und Qulität der Kalbshaxen, eineinhalb bis zu drei Stunden. Sind die Haxen gut, herausnehmen und warm stellen. Den Fond mit dem Gemüse evtl. etwas einkochen lassen (oder, wem es zu wenig Sauce ist, Kalbsfond oder Weißwein dazu geben) und mit Salz und schwarzem Pfeffer aus der Mühle abschmecken. Die Haxe auf einem Teller anrichten, mit Sauce benetzen und entweder mit Risotto, Polenta oder einer anderen Sättigungsbeilage Eurer Wahl servieren. Uns stand der Sinn nach Broccoli.
Meistens wird Ossobuco mit einer Gremolata serviert. Unter Gremolata versteht man eine Kräuter-Würzmischung aus Petersilie, Zitronenschale, Knoblauch und je nach Rezept auch Rosmarin, Salbei, Thymian, Sardellen und Parmesan. Diese Mischung kann kurz vor Ende der Garzeit dazu gegeben und mitgeschmort, oder aber frisch auf die Kalbshaxe gestreut werden. Ich verzichte darauf, weil ich mir den exzellenten Geschmack der Haxe mit dem milden aber kräftig nach Kalb schmeckenden Fond nicht durch Sekundäraromen kaputt machen lassen möchte. Bei würzigerem Fleisch, Rind, Lamm, Wildschwein etc. ließe ich mir das gefallen, bei Kalbshaxe nicht.
Ach ja: Für das Mark unbedingt einen kleinen Löffel dazu legen.