Fleisch ist, entgegen Vegetarier-/Veganermeinung, essentiell. Zumindest für mich. Rindfleisch ist geschmacklich eines meiner Favoriten, obwohl es kaum eine Fleischsorte gibt, die ich nicht mag. Kalter Hammel vielleicht nicht, aber sonst? Nun kaufte ich neulich im Großhandel ein Tafelspitz. Geplant war ein gesottenes Tafelspitz mit Meerrettichsauce und Wirsingkohl. Doch es kam anders. Das Tafelspitz entpuppte sich nach fünfstündigem Dahinsimmern in mit Wurzelgemüsen angereicherten Salzwasser als zäher Fleischklumpen, mit dem man ein Schwein hätte tot werfen können. So musste der Speiseplan umgeschubst werden, und es gab zu dem „Venezianischen Wirsingkohl“ (Rezept weiter unten) ein Schweinerückensteak in Tomatensauce mit Kapern und Rosmarinkartoffeln aus dem Ofen.
Sagenhafte sieben Stunden später hatte sich das Tafelspitz meiner Simmerei ergeben, und ist genießbar geworden – endlich. Die Brühe war übrigens fantastisch, das Fleisch solala. Da besann ich mich auf ein altes Rezept für einen Rindfleischsalat mit roten Zwiebeln. Einfach und dennoch sehr schmackhaft, vor allem aber deftig und scharf. Passend für die Jahreszeit.
Zutaten:
ca. 650 g gekochtes mageres Rindfleisch
3 – 4 mittelgroße rote Zwiebeln
3 – 4 Teelöffel Düsseldorfer Löwensenf scharf
5 cl Rotweinessig
15 cl bestes Olivenöl
Meersalz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Schnittlauchröllchen oder das Grüne von Frühlingszwiebeln zu Dekoration
Senf und Essig in einer Schüssel mit dem Schneebesen verrühren, in dünnem Strahl das Olivenöl dazugeben bis eine Emulsion entsteht, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Das Rindfleisch gegen die Faser „blättrig“ schneiden. Das heißt, sehr dünne kleine Scheibchen, in etwa Birkenblattgröße. Diese in die Salatsauce geben. Die geschälten roten Zwiebeln in hauchdünne Scheiben schneiden (ein paar Zwiebelringe für die Deko zurück behalten), dazugeben und den Salat vorsichtig durchheben. Bei Zimmertemperatur eine Stunde ziehen lassen. Wer ein Problem mit der Menge des Öls hat, ersetzt einen Teil davon durch die erkaltete Brühe. Wer es noch schärfer möchte, gibt noch ein wenig frisch geraspelten Meerrettich dazu.
Während der Salat durchzieht, schäle ich ein paar Kartoffeln für die Röstkartoffelbeilage. Die gewaschenen rohen Kartoffeln schneide ich in dünne Scheiben und brate sie langsam in einer beschichteten Pfanne knusprig und gar. Als Bratfett nehme ich – wie sollte es anders sein – Olivenöl. Da die Kartoffeln bei mittlerer Hitze gebraten werden, ist das nicht nur schmackhaft, sondern auch gesund.
Eigentlich brät man Röstkartoffeln ja in einer Eisenpfanne. Das geht aber nicht, denn ich bin verheiratet. Eine Eisenpfanne muss nämlich gepflegt und behütet werden, man muss auf sie aufpassen, wie auf eine pubertierende Teenagerin (und ich weiß, wovon ich schreibe!). Vor allem darf niemals, ich wiederhole: niemals! Spülmittel, gleich welcher Art an die Pfanne, oder gar noch schrecklicher: ein Aufenthalt in der Geschirrspülmaschine. All’ diesen Gefahren wäre die Pfanne in meiner Küche ausgesetzt. Und das ist wohl genetisch bedingt. Glaube ich zumindest. Meine Frau hat nämlich das Abwasch-Gen. Nichts ist vor ihr sicher; was neben dem Herd oder auf der Spüle steht, wird abgewaschen. Das finde ich ja auch gar nicht schlimm, im Gegenteil, muss ich nicht. Einer Eisenpfanne möchte ich dieses Schicksal aber ersparen. Man ist ja Mensch. Denn ein Mann und seine Pfanne, das ist ein ganz besonders inniges Verhältnis. Man stelle sich nur vor: da hat man die Pfanne mühsam eingebraten, damit sie nicht klebt, vorab Salz darin erhitzt, bis es sich durch den Platikmülleimer geschmolzen hat, nur, dass nicht der Hauch von Feuchtigkeit dem Pfanneninneren anhaftet, und dann schaut man einmal nicht hin, schwups, im Spülbecken. Geht nicht! Beschichtete Pfanne!
Während ich hier ins Plaudern gekommen bin sind die Kartoffeln auch fast fertig. Nun kommen noch ein paar Zwiebelringe dazu, werden mitgebraten bis sie auch etwas Farbe nehmen, dann wird gewürzt. Ich habe mir ein spezielles Bratkartoffelgewürz zubereitet, dessen Inhaltsstoffe hier nicht verraten werden, nur so viel: Meersalz, Pfeffer und etwas gemahlener Kümmel finden sich darin, der Rest ist Schweigen.
Optisch nicht gerade so super ansprechend, und die eine kleine Kartoffelscheibe, die etwas dunkler geworden ist, hätte ich auch „umdekorieren“ können, aber der Geschmack entschädigt für die Optik.
Venezianischer Wirsingkohl
Zutaten:
ein mittelgroßer Wirsingkohl
3 Knoblauchzehen
Olivenöl zum Braten
2 cl Weißweinessig
Meersalz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Die äußeren Blätter des Wirsings entfernen, den Wirsing vierteln, Strunk abschneiden und den Kohl in dünne Streifen schneiden. Knoblauch schälen und fein hacken, Olivenöl in einem großen Topf erhitzen, den Knoblauch darin langsam anschwitzen, ohne dass er Farbe nimmt. Den Wirsingkohl dazugeben und gut durchheben, bis er schön glänzt und etwas zusammenfällt. Mit dem Weinessig ablöschen, Deckel drauf und bei geringer Hitze weich schmoren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, und keinen! Muskat zugeben.
Gut als Vorspeise, aber auch als Beilage zu Fleisch geeignet. Vor allem, schmeckt der Kohl nach Kohl, und nicht nach Speck oder anderen Fleischingredienzien, wie nach deutschen Rezepten gekocht üblich. Fleisch in der Fleischbeilage wäre ja auch fast tautologisch.
Sie mag am liebsten Sülze! Wenn Sie keine kriegt, dann brüllt’se
Da natürlich noch etwas Fleisch übrig war, denn mein Tafelspitz hatte 1,7 kg Rohgewicht, habe ich noch eine Sülze zubereitet. Ein paar Scheiben des Fleisches in kleine Stücke geschnitten, die Brühe mit etwas altem Sherryessig verfeinert, um mit ein wenig Säure den Geschmack zu heben. Die Brühe wird nun etwas überwürzt, das heißt, sie sollte salzig schmecken, fast versalzen. Auf einen halben Liter Brühe benötige ich dann fünf Blatt eingeweichte Gelatine, die ich in der nicht mehr kochenden Brühe auflöse. Die Brühe lasse ich abkühlen, genau so, wie einen großen tiefen Teller, der im Kühlschrank eine Weile verbringen darf. Dann fülle ich ein wenig von der Brühe ein, und lasse im Kühlschrank gelieren. Ist sie fest, kommen die Fleischstücke, eine halbe, in Würfel geschnittene gelbe Paprika, ein paar Tomatenscheiben, ein paar rosa Pfefferkörner und fünf, sechs Blätter Basilikum auf das Gelee. Nun wird mit der restlichen Brühe aufgegossen, und die Sülze darf im Kühlschrank der Vollendung entgegen gelieren. Durch die Gelatine wird einiges an Würzkraft geschluckt, sodass die fertige Sülze optimal gesalzen ist. Dazu gab es – wieder einmal – Bratkartoffeln. Vorstellbar ist aber auch diese Sülze als Vorspeise mit Vögerl*-Salat und Sherryessig-Dressing.
*Vögerl = Rapunzel-, oder Feldsalat
P.S. Was nicht mehr an Brühe und Fleisch in den Teller passte, habe ich mit frisch geriebenem Meerrettich und ein paar gewürfelten Cornichons gelieren lassen: „Holla, die Waldfee! War das scharf!“ Aber gut!!!