Viele Hausfrauen/-männer trauen sich nicht an sie heran, an die Artischocke. Kann ich durchaus verstehen. Wenn man sie denn bekommt, was in unserer Gegend eher selten ist, dann sind sie kein preiswertes Gemüse. Zudem muss man leider sehr viel von der Artischocke wegschneiden, wirklich schmackhaft ist nur der Boden, der Stiel und die unteren Blattspitzen.
Ich entdeckte sie beim Wochenendeinkauf im Gemüseregal eines Edeka-Marktes. Eine eher kleinere Sorte mit Stiel, schon ein wenig zu lange der grellen Supermarktbeleuchtung ausgesetzt flehten sie mich quasi an, es sich in meinem Einkaufswagen gemütlich machen zu dürfen. Das Stück kostete 99 Cent, ein echtes Schnäppchen. Also entführte ich drei Stück in meine warme Küche, um sie zu beschneiden, zu schälen und auszuhöhlen.
Die unteren Außenblätter zog ich ab, die waren schon sehr trocken und an den Rändern braun. Anschließend brach ich, die Artischocke in der Hand drehend, die Blätter um, um sie an der Bruchstelle abzuschneiden. Das funktioniert am besten mit einer Küchenschere. Derweil rieb ich die Schnittstellen immer wieder mit einer halbierten Zitrone ein, damit sie nicht braun würden. Als in der Mitte nunmehr nur noch ein runder, grüner Kegel stehenblieb, schnitt ich diesen ebenfalls ab. Zum Vorschein kammen dann kleine, nach innen gerundete Blättchen, die ich mit dem darunter befindlichen Heu entfernte. Dazu diente mir ein Kugelausstecher. Jetzt kam der Stiel an die Reihe: mit einem Schälmesser entfernte ich die harten Teile zwischen Boden und Stiel, und schälte dann den Stiel ab, bis zum zarten helleren Fruchtfleisch. Immer wieder mit Zitrone die Schnittstellen behandeln, sonst wird die Artischocke schnell unansehnlich. Als nun alle drei geputzt waren, gab ich etwas Olivenöl in einen Topf. Der Topf sollte so hoch sein, dass man die Artischocken mit der Blattseite nach unten in ihn hineinstellen kann, und der Topfdeckel geschlossen werden kann, trotz der nach oben stehenden Artischockenstiele. Die Artischocken stellte ich hinein, goss mit einer Tasse trockenem Weißwein an, presste den Rest der halben Zitrone dazu. Zusätzlich kam noch eine Tasse Wasser hinzu, ein Stück Petersilienwurzel und drei ungeschälte aber zerdrückte Knoblauchzehen. Deckel drauf, zum köcheln bringen lassen, bei kleiner Hitze weiter köcheln, bis die Artischocken gar waren. Das kann man testen, wenn man mit einer Gabel zwischen Stiel und Boden sticht, und es sich wie eine gare Kartoffel anfühlt.
Die Artischocken ließ ich dan bei geöffetem Deckel etwas auskühlen. Derweil bereitete ich eine Aioli aus einem Eigelb, Zitronensaft (ca. eine halbe Zitrone, die hatte ich ja noch übrig), einem Esslöffel Wasser, Cayennepfeffer, Fleur de Sel, vier Knoblauchzehen und einem viertel Liter bestem Olivenöl, sowie einer halben, in kleine Würfel geschnittenen Pfefferschote (ohne Kerne und Häutchen, man will seine Familie ja nicht vergraulen, die mag nicht so scharf) und geschnittener Blattpetersilie.
Eigelb, Zitronensaft, Wasser und Cayennepfeffer (nach Geschmack, bei mir war es eine Messerspitze, ganz „scharfe“ nehmen mehr) verrühren und dann das Olivenöl erst in wenigen Tropfen, dann in einem dünnen Strahl mit dem Schneebesen unterrühren, bis das Olivenöl verbraucht und eine schöne Mayonnaise entstanden ist. Jetzt den Knoblauch durch die feine Presse hineinpressen und sofort unterrühren, anschließend die Pfefferschotenwürfel und die geschnittene Petersilie. Jetzt mit Fleur de Sel abschmecken.
Die Artischocken halbierte ich und gab sie auf einen Teller, dazu ein Klacks der Aioli. Dann beträufelte ich die Artischocken mit dem Sud, der auf insgesamt vielleicht vier bis fünf Esslöffel reduziert war und ganz hervorragend schmeckte. Vom Vortag hatte ich noch ein paar Sprossen übrig, die wanderten auch mit auf den Teller.
Dazu gab es Weißbrot. Eine schöne Vorspeise, die nicht nur im Sommer passt. Da meine Frau und ich mittlerweile vom Winter die Nase gestrichen voll haben, tranken wir dazu einen kleinen Schuss Limoncello, aufgefüllt mit Prosecco. Die Jalousien waren unten, die Heizung aufgedreht, so wähnte man sich in wärmeren Gefilden. Danach gab es leider nur Schnitzel, sodass wir ruckzuck wieder in Deutschland angekommen waren. Nun ja, das nächste Mal dann doch besser Ossobuco danach …
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