Gänsebrüste, zumal sie aus Ungarn oder Polen stammen und im Supermarkt feil geboten werden, wollen selten richtig zart werden beim Braten. Die Gänse mussten in Rekordzeit ihr Schlachtgewicht erreichen, das Fleisch ist deshalb nicht so wertvoll (auch nicht so teuer, aber teuer genug), wie das der im Freiland über mehrere Monate aufgewachsenen Tiere. Um trotzdem eine zarte ungarische oder polnische Gänsebrust auf den Tisch zu bekommen, bedarf es eines kleinen Tricks. Ich machte mir die Eigenschaften des Enzyms Bromelain zu Nutze, welches in frischer Ananas zu finden ist. Dazu braucht es eine Ananas, einen Entsafter, eine Injektionsspritze und die größte dazu passende Nadel.
Den frischen Ananassaft gab ich durch ein Sieb, zog ihn auf die Spritze und injizierte die ausgelösten Brüste großzügig damit. Die Brüste ließ ich dann ein wenig ruhen, damit das Enzym seine Arbeit verrichten konnte.
Derweil zerteilte ich die Karkassen und zusätzliches Gänseklein, und bereitete daraus eine Gänsesauce. Gänseklein und die Karkassen kamen in einem großen Bräter bei 180°C in den Ofen, wurden ab und zu gewendet, um eine gleichmäßige schöne Bräune zu bekommen. Dazu kamen zwei zerdrückte Knoblauchzehen, ein paar Apfelspalten und Wurzelgemüse (Mirepoix) und nachdem auch dies Farbe genommen hatte, eine kleine Dose Tomatenmark, welches ebenfalls mit angeröstet wurde.
Während des Vorbereitens warf ich ofters einen Blick aus dem Küchenfenster. Der winterliche Anblick des Dorfidylls stimmte schon kräftig auf Weihnachten ein – und das im November.
Anschließend habe ich mit etwas Wasser (geht aber auch Geflügelbrühe, am besten Gänsefond; hatte ich aber leider nicht) abgelöscht und einkochen lassen; abgelöscht und einkochen lassen; abgelöscht und einkochen lassen; abgelöscht und einkochen lassen: je öfter, desto besser! Der Inhalt des Bräters kam dann in einen großen Topf, wurde mit Wasser (oder Brühe/Fond) aufgefüllt, und simmerte mit einem Sträußchen Majoran darin für ein paar Stunden vor sich hin, bevor die Sauce durch ein feines Sieb passiert, und auf die Hälfte des ursprünglichen Volumens eingekocht wurde. Der Geruch in der Wohnung verhieß: Weihnachten. Der Geschmack der Sauce auch. Das liegt einfach daran, dass für uns zu Weihnachten das einzige Mal im Jahr eine Gans gebraten wird. Warum eigentlich nur einmal im Jahr? Ich sollte unsere Gewohnheiten überprüfen. So eine Gans kann schon öfter auf den Speiseplan. Ist es doch ein Geflügel mit ausgeprägtem Eigen- und Wohlgeschmack.
Nach dem die Enzyme ihr Werk verrichteten, wofür sie ungefähr eine bis zwei Stunden Zeit hatten, briet ich die Brüste mit der Hautseite zuerst in einer Pfanne an, wendete und briet weiter. Hier zeigte sich auch schon der erste Fehler, den ich gemacht hatte: Ich injizierte wohl zu dicht unter der Haut. Diese wurde stellenweise so weich, dass sie sich beim Anbraten vom Fleisch löste. Da ich die Brust auf der Hautseite rautenförmig eingeschnitten hatte (um dem Fett beim Austreten zu helfen, man ist ja Mensch), ging ich beim Wenden ein paar Rauten verlustig. Nachdem die Brüste rundum angebraten waren, gab ich sie bei 90°C in den Ofen, wo sie rund vier Stunden zubrachten. Drei hätten es sicherlich auch getan. Das Volumen der Brüste hatte sich schon nach zweieinhalb Stunden um fast die Hälfte reduziert, Fett und etwas Fleischsaft schwappten munter in der Pfanne. Fett zum Fett, Fleischsaft zur Sauce.
Da ich nun befürchtete, dass der Ananassaft die Gänsebrüste geschmacklich doch sehr in Richtung Ananas veränderte, bereitete ich als zusätzlichen geschmacklichen Kick ein Ananas-Chutney zu. Hierzu benötigte ich eine gewürfelte Gemüsezwiebel, die ich in etwas Olivenöl und Gänseschmalz weich und glasig dünstete, in Würfel geschnittene Ananas (eine kleine, oder eine halbe große Frucht), ein würfelgroßes Stück Ingwer, grob gehackt, und eine halbe rote Pfefferschote, die Kerne entfernt und in kleine Würfel geschnitten. Dazu den Rest des frischen Ananassafts. Falls die Ananas nicht süß genug sein sollte, könnte man mit einem Löffel Honig nachsüßen. Nachdem die Zwiebel glasig ist, den Rest der Zutaten in den Topf geben und so lange schmoren, bis die Ananas weich ist. Abgeschmeckt wird mit Salz und ein wenig Harissa (Gewürzmischung). Sollte das Chutney zu flüssig sein, kann man mit etwas Speisestärke andicken. Das Chutney sorgt für ein wenig Exotik und schmeckte überraschend gut.
Zu der Brust gab es Kartoffelklöße, die ich der Einfachheit halber aus einem fertigen Frischteig gerollt (immer drei auf einmal: einen in den Händen, je einen unter jeder Achsel 🙂 ) habe. Die Croutons für das Innenleben der Klöße hatte ich vorher aus gewürfeltem und in Gänseschmalz angerösteten Vollkorntoast hergestellt.
Bei so viel „süß“, wie Ananassaft und Chutney, wollte ich auf den klassischen Rotkohl verzichten, und dünstete lieber etwas Broccoli dazu, den ich mit einer Mischung aus Oliven- und Sesamöl, Salz, Pfeffer und Knoblauch final beträufelte.
Die Sauce habe ich mit etwas Mehlbutter abgebunden, sollte aber nicht zu „pampsig“ werden. Also nicht so, wie bei „Omma“ zum „Sonntachsbraten“. Abgeschmeckt nur mit etwas Meersalz, hätte sie mit den Kartoffelklößen schon als Mahlzeit gereicht. Aber die Brust! Die war so zart, das Kauen hätte auch altfranzösisch ohne Zähne funktioniert. Auch der Geschmack war delikat, kein penetranter Ananasgeschmack, die Gans dominierte (fast wie daheim, hätte ich beinahe geschrieben). Das Chutney wäre nicht nötig gewesen, war aber ein toller Kontrast zwischen dem eher deftigen Broccoli und der geimpften Gänsebrust.
Dass ich beim Injizieren des Safts an einigen Stellen etwas großzügig war, merkte man allerdings. Denn partiell, da wo ich mit dem Saft besonders verschwenderisch umging, war das Fleisch nicht nur zart, sondern leicht breiig. Also zukünftig wenig aber gleichmäßig impfen, und möglichst keinen Saft direkt unter die Haut. Das Ergebnis war also nicht 100%ig perfekt, aber die Fehler kann ich Ihnen so ersparen, falls Sie das nachkochen möchten, was ich hiermit ausdrücklich empfehle!