Futtern wie bei Muttern: Kohlrouladen

„Drüben gibt es frischen Kohl, den ich hol’, so leb’ denn wohl!“* rief ich meiner Gattin munter zu, und machte mich auf den Weg zu einer Palette Weißkohl, die mitten in der Gemüseabteilung des Supermarkts platziert war. Darüber ein Schild mit der Aufschrift: Weißkohl – Stück 1 Euro!

„Gibt’s ja nicht.“, dachte ich, und bestaunte die Kohlköpfe unterschiedlichster Größe, dabei auch einige echte „Kawenzmänner“! So suchte ich mir den größten aus, und gab ihn meiner holden Gattin zum „an die Kasse schleppen“, denn wir hatten keinen Einkaufswagen dabei, und ich hatte schon schwer an zwei Flaschen Beaujolais Noveau zu tragen (es war der 21. November 2010), deren Kauf der eigentliche Grund für den Besuch im Supermarkt war. Nun konnte ich so ein Schnäppchen natürlich nicht ausschlagen, obwohl ich zugebe, dass mir der Landwirt, der seinen Kohl so verschleudern muss, sehr Leid tut.

„Was willst Du denn mit so viel Weißkohl?“ fragte mich meine bessere Hälfte, „Weiß ich doch nicht“, antwortete ich, „aber für den Preis muss ich den einfach mitnehmen!“ Der geschätzt sechs Kilo schwere Kohlkopf ließ die Arme der Trägerin auf dem Weg zur Kasse recht lang werden, denn die Gemüseabteilung ist gleich vor der Fleischabteilung, und die am hintersten Eck des Marktes.

Kohlblätter mit roher Füllung

Da lag er nun in der Speisekammer, der Riesenkohlkopf, und ich hatte einen „Hohlkopf“, nämlich noch keinen Plan, was ich damit machen wollte. Bis ich auf die Idee kam, Kohlrouladen zuzubereiten, so wie Muttern das früher immer machte, na ja, etwas anders schon, denn die dazugehörige Soße sah immer aus wie leicht bräunlicher, transparenter Schleim, der sich über die Kartoffeln ergoss. Denn eine Soße aus dem Bratensatz von Kohlrouladen zu ziehen ist schwierig bis unmöglich. Da helfen nur … ach, später.

Kohrouladen eingerollt

Um nun die Blätter für die Rouladen zu gewinnen, galt es, erst den Strunk großzügig aus dem Kohl heraus zu schneiden. Während dessen mühte sich mein Herd mit dem größten meiner Töpfe, um das darin befindliche Salzwasser zum Kochen zu bringen. Als es nun endlich geschafft war, versenkte ich vorsichtig den Monsterkohl im Wasser, Strunkloch nach oben. So lösen sich langsam, nach und nach die äußeren Blätter des Kohls, und garen etwas vor, damit man die Blätter später auch um die Füllung rollen kann. Mit der Fleischgabel nahm ich die gelösten Blätter heraus, und schreckte sie in kaltem Wasser ab. Danach entfernte ich den dicksten Teil des Strunks in der Mitte, tupfte die Blätter trocken, und ordnete sie auf der Arbeitsfläche so an, dass die größten Blätter unten lagen, die kleineren kamen nach oben (Nach der Zubereitung von sieben Kohlrouladen, war immer noch der halbe Kohlkopf übrig, den ich dann aus dem Wasser nahm, um bei Gelegenheit eine Lore Krautsalat zu machen). Die Füllung besteht aus gewürztem Schweinemett, welches ich mit gewürfelten Zwiebeln und Senfkörnern angereichert habe. Den ganz sparsamen unter den Nachkochwilligen sei mitgeteilt, dass die Strünke der Blätter auch klein gehackt dazu gegeben werden können, mir war aber außen herum genug Kohl. Die Füllung der Riesenkohlrouladen (großer Kohl ergibt große Blätter) schätze ich auf 200 Gramm. Die Füllung wurde dann eingerollt und so verpackt, dass von ihr nichts mehr zu sehen war. Mit Küchengarn werden die Blätter fixiert, damit sich die Rouladen nicht öffnen, beim Anbraten (in Olivenöl natürlich, worin denn sonst?).

Kohlrouladen verschnürt in der Pfanne

Nachdem sie rundherum ein wenig Farbe genommen hatten, löschte ich mit Rinderbrühe ab, und schob die Rouladen bei 160°C in den Ofen. Ich kalkulierte eine Stunde (zwischendurch die Rouladen wenden, damit sie an der unbedeckten Seite nicht austrocknen), aus der dann doch 1,5 Stunden wurden, bis die Rouladen durch und der Kohl richtig weich war. Die Rouladen nahm ich heraus und stellte sie warm. Die Pfanne mit dem Fond kam auf die Herdplatten (2) und nun rührte ich einen Esslöffel Tomatenmark hinein, sowie einen halben Liter Schweine-Demiglace, die ich aus den Knochen und Abschnitten meines im gleichen Monat geschlachteten Schweins hergestellt hatte. So bekam die Soße richtig Wumms! Mit Speisestärke band ich sie ab, um die Konsistenz in Richtung Soße zu verändern. Dass es Salzkartoffeln dazu gab, muss ich nicht extra erwähnen, oder?

Mit Ausnahme der Soße, die schmeckte besser, schmeckte es wie früher bei Muttern. Die Rouladen waren damals zwar kleiner, lange nicht so viel Füllung darin, auch keine Zwiebeln und Senfkörner in der Füllung, aber sonst, wie bei Muttern. Soweit ich mich erinnern kann. So ungefähr jedenfalls muss es geschmeckt haben. Gut, in jedem Fall. Glaub’ ich. Bestimmt!

* Zitat aus „Die Made“ von Heinz Erhardt