Friedrich Hölderlin und der Ölbaum

Es gibt in der Literatur viele Werke, in denen der Olivenbaum vorkommt. Auch Gedichte wurden geschrieben in denen der Ölbaum eine Schatten spendende Rolle innehatte oder einfach als Symbol für Langlebigkeit und Unverwüstlichkeit steht. Einen kleinen Auszug aus einem Werk Friedrich Hölderlins möchte Ihnen hier zitieren. Nicht nur wegen des Ölbaumes, sondern auch wegen der Schönheit der deutschen Sprache; als Nachlese zum gestrigen „Tag der Muttersprache“ sozusagen.

Wir giengen hinaus in die nahegelegenen Gärten.
Die andern waren auf dem Wege mit zwei brittischen Gelehrten,
die unter den Altertümern in Athen ihre Erndte hielten, in’s Gespräch
gerathen und nicht von der Stelle zu bringen. Ich ließ sie gerne.
Mein ganzes Wesen richtete sich auf, da ich einmal wieder mit
Diotima allein mich sah; sie hatte einen herrlichen Kampf bestan-
den mit dem heiligen Chaos von Athen. Wie das Saitenspiel der
himmlischen Muse über den uneinigen Elementen, herrschten Dio-
tima’s stille Gedanken über den Trümmern. Wie der Mond aus zar-
tem Gewölke, hob sich ihr Geist aus schönem Leiden empor; das
himmlische Mädchen stand in seiner Wehmuth da, wie die Blume,
die in der Nacht am lieblichsten duftet.
Wir giengen weiter und weiter, und waren am Ende nicht um-
sonst gegangen.
O ihr Haine von Angele, wo der Ölbaum und die Zypresse, umein-
ander flüsternd, mit freundlichen Schatten sich kühlen, wo die goldne
Frucht des Zitronenbaums aus dunklem Laube blinkt, wo die schwel-
lende Traube muthwillig über den Zaun wächst, und die reife Pome-
ranze, wie ein lächelnder Fündling, im Wege liegt! ihr duftenden
heimlichen Pfade! ihr friedlichen Size, wo das Bild des Myrten-
strauchs aus der Quelle lächelt! euch werd‘ ich nimmer vergessen.

Hyperion an Bellarmin XXX
Friedrich Hölderlin (1770 – 1843)

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