Zu dem verlorenen Geschmack komme ich später, zuerst zu den Spareribs. Ich liebe Spareribs, mache sie allerdings viel zu selten, da ich der einzige in der Familie bin, der sie mag. Letzte Woche habe ich sie mir einmal gegönnt, da sie mich in der Theken-Auslage einer Schlachterei so dermaßen anlachten, dass ich nicht widerstehen konnte. Vier Stück nahm ich mit, ungefähr 25 cm lang.
Nun kann man die Rippchen einfach salzen, pfeffern und in den Ofen schieben. Das Ergebnis schmeckt auch, hat aber mit Spareribs nichts zu tun. Bei mir werden sie eingelegt, bzw. gebeizt, mit einer scharf-süßen Marinade. Diese bereite ich aus 100 ml Ketchup (richtiger Ketchup, ohne Glukosesirup und ähnlichen Zuckerarten, sondern aus Tomaten, Essig und Gewürzen), zwei Esslöffeln Honig, 50 ml bestes Olivenöl, einem Teelöffel Paprikapulver edelsüß, einem Teelöffel Currypulver, einer Prise Kreuzkümmel, Meersalz und einer halben gehackten, roten Pfefferschote, sowie drei bis vier, durch die feine Presse gedrückte Knoblauchzehen. Ich bevorzuge bei Marinaden immer gepressten Knoblauch, keinen gehackten, weil die äthrischen Öle des gepressten Knoblauchs – sofort mit der Marinade verrührt – so schneller und intensiver ihren Geschmack an die Marinade abgeben. Alles wird gut verrührt und abgeschmeckt. Die Marinade soll süß und scharf zugleich schmecken, dabei etwas Säure mitbringen. Falls es Ihnen nicht säuerlich genug scheint, geben Sie etwas Zitronensaft oder Weinessig dazu.
Mit der Marinade werden die Rippchen nun gut und vor allem großzügig beschmiert. Ich lege sie dazu auf ein Blech, und schiebe dieses anschließend in den Kühlschrank. Die Zeit für das Marinieren sollte mindestens einige Stunden betragen, besser ein bis zwei Tage.
Nach dem sich die Rippchen entschlossen, den Geschmack der Marinade zu einem guten Teil in sich aufzunehmen, wandern sie bei Umluft und 160° C in den Backofen. Und zwar auf einem Gitterrost, unter dem ein Blech platziert wird, um das tropfende Fett und die Marinade aufzufangen. Wer keine Lust hat, hinterher ewig das Blech zu schrubben, auf dem sich der Zucker der Marinade gerne einbrennen möchte, der belegt es mit Alufolie oder Backpapier – man muss ja auch mal an die Hausfrau/den Hausmann denken.
Das Ergebnis sollte nach etwa 45 Minuten so aussehen, wie oben. Die Spareribs sind schön würzig und sehr saftig. Gegessen werden sie mit der Hand, nachdem man die einzelnen Rippen mit dem Messer voneinander getrenn hat. Ein bis zwei Servietten, oder ein kleines feuchtes Handtuch sind hilfreich.
Spareribs aß ich das erste mal Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre in München, in einem damals legendären mexikanischen Restaurant, dem „Palenque“. Jedes mal, wenn ich dort essen ging, aß ich Spareribs und vorweg einen mexikanischen Salat mit Zwiebel, Tomate, Gurke, Stangensellerie, Mais und Kichererbsen. Die Spareribs waren einfach klasse; nirgendwo sonst habe ich solch gute Spareribs gegessen. Mein Versuch, die Marinade nachzuahmen, ist gescheitert, obiges Rezept nur ein kläglicher Ersatz für die einmaligen Rippchen aus München.
Auch die Gestaltung der Speisekarte war originell, und selbige wurde auch von der „Gastronomische Akademie Deutschland e. V.“ ausgezeichnet.
Der für mich interessanteste Teil der Karte war natürlich die Seite mit den Spareribs. Wurde mir immer beigebracht, mich ordentlich am Tisch zu benehmen, so konnte ich hier mit den Konventionen brechen, die Ärmel hochkrempeln, die Ellenbogen auf dem Tisch aufstützen, und mit den Händen essen. So fand denn auch die Marinade den Weg über die Rippchen an die Finger und an die Wangen – bis fast an die Ohren – herrlich! Noch Stunden nach dem Verzehr der edlen Rippen dufteten die – gewaschenen – Finger nach den mexikanischen Preziosen aus dem Backofen.
Bei den Recherchen zu diesem Artikel fand ich dann aber Betrübliches heraus: Das „Palenque“ gibt’s nicht mehr! Irgendwann zwischen 2001 und 2005 muss es geschlossen haben. Weg ist er, der geniale Geschmack der Spareribs; für immer verloren!
Vielleicht aber auch nicht! Wer die Kommentare zu obigem Link durchliest, der kann einer kleinen Spur folgen. Man hat einem Gast verraten – zumindest ansatzweise – wie die Original-Palenque-Marinade zubereitet wird, nämlich aus „roter Mojosoße“ und Honig. Ein Hoffnungsschimmer, ein kleiner.