Kommt Zeit, wird Steak

Zeit ist ein wesentlicher Faktor bei vielen Dingen. Oftmals gilt: je mehr Zeit, desto besser das Ergebnis. Zumindest beim Essen und Kochen. Vor allem auch bei der Fleischreifung, insbesondere beim Rindfleisch. „Dry-aged“ heißt das Zauberwort und die Methode, die Rindfleisch zart und aromatisch werden lässt. Mindestens sechs Wochen, sagte sich Bauer Otte, wenn’s gut werden soll.

SlowfoodDiese beiden „Slow Food-Exemplare“ rettete ich vor dem Rasenmäher. Symbol für Langsamkeit und „Wappentier“ der Slow-Food-Bewegung.

Erfahren hatte ich es bei Facebook, dass Daniel Otte, seines Zeichens Fleischermeister und Landwirt, vorhatte, diese Methode bei einem seiner aus eigenem Bestand geschlachteten Charolais-Rinder anzuwenden trachtete – zumindest mit dem Roastbeef. Da musste ich natürlich gleich zuschlagen und bestellen. Wann bekommt man in dieser Gegend schon mal Dry-aged-Rostbeef? Eigentlich nie. Sondern nur höchstens 10 Tage gereiftes. Eine bayerische Hirschlederne ist da besser zu kauen.

Nun denn, gestern waren sogar sieben Wochen um, und ich durfte endlich mein lang ersehntes Stück Fleischeslust abholen. Daniel Otte hatte das Roastbeef vor der Reifung mit einem gemisch aus Schweineschmalz, Rindertalg und Rosmarin eingeschmiert. So wurde es von außen gegen Schimmel und durch den Rosmarin gegen unerwünschte Keime geschützt.

Hofladen von Bauer Otte in SchönhagenHier gab es das begehrte Fleisch, im Hofladen von Bauer Otte in Schönhagen bei Uslar.

Das Fleisch sah fantastisch aus, das Wasser lief mir schon im Munde zusammen, die Vorfreude auf so ein tolles Steak war groß. Und ich weiß gar nicht, ob ich verraten darf, dass ich nur 20,- € pro Kilo löhnen musste. Es wäre quasi der Einführungspreis, meinte Daniel Otte zu mir, der mir unten schon mal die Steakgröße anzeigt.

Daniel Otte, FleischermeisterZwei Stück davon sollten es sein. Diese legte ich dann zu Hause in Olivenöl, Knoblauch und frischem Rosmarin ein. Bis zum Abend auf dem Grill mussten sie es so aushalten.

Dry-aged-Roastbeef

Eigentlich wollte ich ja nur Fleisch. Aber meine holde Zimmerlinde Gattin braucht immer etwas dazu. So gab es noch einen bayerischen Kartoffelsalat und den Gurkensalat vom Vortag. Nun war der Augenblick der Wahrheit gekommen, das Steak musste auf den Grill, und sorgte erst mal für ordentlich Feuer. Olivenöl und herabtropfendes Schmalz-/Rindertalggemisch ließ das Steak kurz in der offenen Flamme baden. Da muss man aufpassen, dass nichts verbrennt, dauert aber nur einen kurzen Augenblick.

Feuer im GrillZugegeben, ich war sehr gespannt auf das Experiment. Die Version mit Schmalz und Rindertalg kannte ich nicht. In Amerika wird das Fleisch gereift, ohne dass es von außen geschützt wird. Sogar Schimmel ist normal, und wird großzügig abgeschnitten. Was ist nun hier herausgekommen?

T-Bone-Steak vom Charolais, sieben Wochen gereift und von mir gegrillt.Ein butterzartes Steak, welches ich erst nach dem Grillen gewürzt habe: mit schwarzem Pfeffer aus der Mühle, Fleur de Sel und hausgemachter Kräuterbutter (Rezept wird demnächst verraten). Was meiner Frau und mir fehlte, war das Fleischaroma von gereiftem Rind. Ich kann nicht nachvollziehen, warum es relativ lasch schmeckte und seinen Geschmack eher von Kräuterbutter und Gewürz bekam. Während der sieben Wochen Reifephase sollte sich das Aroma im Fleisch voll entwickeln. Da werde ich den Daniel Otte noch einmal nach fragen. Superzart war es trotzdem.

Und die geräucherte Schinkenwurst und die Braunschweiger von Bauer Otte haben sehr gut auf meinem Frühstücksbrötchen heute morgen geschmeckt.