Was viele Konsumenten nicht wissen, Leuten aus der Olivenölbranche selbstverständlich bekannt ist: Tunesien erzeugt große Mengen an Olivenöl. Mit jährlich mehr als 200.000 Tonnen Olivenöl ist es der viertgrößte Olivenölproduzent weltweit. Und? Schon mal tunesisches Olivenöl im Supermarkt gefunden? Nein? Doch! Nur steht da nicht Tunesien drauf, sondern „Verschnitt von Olivenölen aus Drittländern und der Gemeinschaft“ (seit Mitte 2009 Pflichtangabe, wenn das Olivenöl aus zwei oder mehr Ländern, von denen mindestens ein Land Mitglied der EU ist, stammt).
Man ahnt es bereits: Es ist meist Olivenöl der unteren Preisklasse aus dem Discounter oder Supermarkt beigemischt. Auch die großen Abfüller aus Italien mischen gerne Öle aus Spanien und Tunesien ihrer „Cuvee“ bei. Abgefüllt in der Toskana, versteht sich.
Nun gibt es einige Erzeuger in Tunesien, denen ihr Öl zu schade ist, es einfach so billig zu verscherbeln. Sie haben in moderne Ölmühlen investiert und möchten ihr Öl selbst vermarkten. So kam es, dass ich eine Probierflasche eines tunesischen Extra Nativen Olivenöls zugeschickt bekam, um es zu probieren und zu bewerten. Die Familie Farjallah, Eigner der Firma NOVA HUILES SNH aus Hammamaet, produziert dieses als EXTRA NATIV zertifizierte Olivenöl, und möchte die Ernte 2010/2011 gerne in Deutschland vertreiben. Neben dem Öl und einem Rezept für einen Tunesischen Salat gab es noch eine Postkarte, die umseitig eine Beurteilung für eine Verkostung aufgedruckt hatte:
Um mir die Verkostung zusätzlich schmackhaft zu machen, gibt es auch etwas zu gewinnen: Olivenöl aus Tunesien. Will ich das? Mal schauen …
Also schnappte ich mir einen Cognacschwenker, den ich immer für Verkostungen benutze, und schänkte ein, wärmte mit der einen Hand vor, mit der anderen bedeckte ich das Glas, damit kein Fitzelchen Aroma entfleuchen konnte. Nach erstem Schnuppern war eine deutliche Artischockennote festzustellen (Artischocken haben einen ganz eigenen Geruch, der ist natürlich nicht bei konservierten und/oder eingelegten Artischocke zu riechen, sondern, wenn man sie roh zur Zubereitung vorbereitet – ich lehne mich mal weit aus dem Fenster: Die meisten Leser hatten noch nicht das Vergnügen, könnten den Geruch also auch nicht zuordnen. Lasse mich natürlich gerne vom Gegenteil überzeugen, ist ja nicht böse gemeint). Die weiteren Geruchs- und Geschmackseindrücke habe ich dann brav notiert:
Mein Fazit: Ein ausgewogenes Olivenöl mit Aroma von Artischocken und ein wenig grüner Banane, im Geschmack eher mittelfruchtig bis mild mit angenehmer Schärfe und wenig Bittertönen. Für mich hat es zu wenig Persönlichkeit, nichts, was mich wirklich begeisterte. Nichtsdestotrotz ein gutes Öl welches für viele Zubereitungsarten geeignet ist, weil es nicht dominant ist. Nun habe ich das Öl aus der letztjährigen Ernte probiert, vielleicht ist ja die neue Ernte noch aussagekräftiger. Angenehm ist, dass es keine Fehlaromen gab; weder ranzig, schlammig, modrig oder gar zu süßlich. Die Olivensorte war leider nicht angegeben, hier werde ich nachfragen.