Gedanken über das Kochen

Foodblogs überschwemmen das Internet, die Kochbuchregale in den Buchhandlungen biegen sich unter der Last der vielen Kochbücher, von denen es jeden Monat dutzende Neuerscheinungen gibt. Schaut man aber in die Einkaufswagen in den Supermärkten, packt einen oft das kalte Grausen: Fertigprodukte, Milchschnitten, Chips, Konservendosen, während in der Gemüseabteilung das Zeug vor sich hin gammelt. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären? Keine Ahnung! Stöbere ich so durch die Foodblogs, bin ich oft überrascht ob der wirklich guten Qualität der (nach)gekochten Rezepte.

Kochbücher

Zuerst einmal: Wer gut kochen will, muss auch selbst gerne gut essen! Wie sollte sie/er sonst gutes Essen beurteilen können? Wie soll denn ein junger Mensch, der mit Hausmannskost aus Dosen oder Tiefkühltruhe, mit Suppenterrinen und Salatkrönungen aufgewachsen ist, jemals gut kochen können? Sie/er kann ja noch nicht einmal gut schmecken! Ich kannte einmal einen Koch, dessen Eltern von der Spargelcremesuppe bis zu den Bratkartoffeln alles mit Maggi zukleisterten. Und so hat der Sohn dann auch gekocht. Was ich damit sagen möchte: viel Anteil an einer guten, schmackhaften und natürlichen Ernährung hat die Geschmacksprägung in der Kindheit.

Artischocken

Aber nicht nur dort finden Prägungen statt. Beispiel Olivenöl: Seit ca. 15-20 Jahren wird in Deutschland vermehrt Olivenöl gekauft. Die ersten Importeure im großen Stil, die Olivenöl für die breite Bevölkerung angeboten haben, waren die großen Discounter und Supermärkte. Was haben die importiert? Billigware, geschmacklich grenzwertig, teilweise schon in den Regalen ranzig und überlagert. Diesen fürchterlichen Geschmack (süßlich, nach Cassis, ranzig, schlammig etc.) assoziieren nun viele Menschen mit Olivenöl. Prägung der übelsten Sorte, letztlich aus Profitgier, vielleicht aber auch auf Grund der Unwissenheit der Einkäufer.

Demi Glace

Nun kann man sich aus diesem Teufelskreis nur befreien, indem man sich mit gutem Essen beschäftigt und langsam anfängt, über seine Nahrungszubereitung und -aufnahme nachzudenken. Lieber einmal weniger von dem schlechten, billigen (Fertig-)Produkt, und einmal das bessere probieren. Einfach frisches saisonales Gemüse verarbeiten, statt die Tiefkühltruhe oder die Konserve aufzureißen. Fleisch bei einem Schlachter kaufen, der Tiere aus artgerechter Aufzucht und der nahen Umgebung schlachtet. Besser drei Tage kein Fleisch, dafür ein Tag schmackhaftes, gutes Fleisch (zur Warenkunde gibt es hier ja schon so einige Tipps). Mal eine kleine Flasche bestes Olivenöl kaufen, bei dem der Erzeuger die Analysewerte bekannt gibt, und stolz auf seine Qualität ist. Auf Branntweinessig und Essigessenz verzichten, dafür zwei, drei Sorten guten Wein- und/oder Balsamessig kaufen. Der Vorteil ist nicht nur der bessere Geschmack, das zartere Fleisch, sondern auch die Aufmerksamkeit, die man dem Lebensmittel dadurch widmet. Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern Genuss, genau wie das Kochen. Kochen kann so meditativ sein, so entspannend. Alle Sinne werden beim Kochen angesprochen: riechen, schmecken, fühlen, sehen, hören. Das, was bei der „Zubereitung“ eines Fertigprodukts passiert, würde ich als emotionalen Spam, als Belästigung empfinden und einfach löschen.

Rouladen vom Dexterrind

Sogar ein einfaches Schnitzel kann etwas Wunderbares sein, wenn die Grundprodukte stimmen, und die Zubereitung optimal ist. Mit dem „Wasserfleisch“ aus dem Supermarkt klappt das nicht. Ein gutes Produkt zu verarbeiten ist eine Lust. Vor allem aber hat man einen gesunden Respekt dem Lebensmittel gegenüber, denn in der Regel war es etwas teurer als ein Massenprodukt und wird dementsprechend behandelt. Macht man das Kochen zu seinem täglichen Hobby, hat man bald genug Übung, um schon an Aussehen, Konsistenz und Geruch Gutes vom Schlechten zu unterscheiden. Ein/e gute/r (Hobby-)Koch/Köchin (einjede/r bastele sich die passende Anrede zusammen) ist sich zudem klar darüber, dass es immer jemanden gibt, der mehr weiß, größere Erfahrung hat und sollte immer bereit sein, dazu zu lernen. Er bewahrt sich eine gewisse Bescheidenheit. Das was zählt, ist auf dem Teller.

Rumpsteak vom Heckrind

Man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass alle Nahrungsprodukte natürlichen Ursprungs sind, quasi aus und von der Erde kommen, und das sollte man auch schmecken können. All’ diese Köche mit ihren Chemiebaukästen können mir gestohlen bleiben. Das verstehe ich nicht unter Kochen, sondern unter Food-Artistik: Gelierpülverchen unter Olivenöl rühren, um mit der Masse dann Olivenölspaghetti zu „konstruieren“, hat nicht viel mit Kochen zu tun. Zauberei um des Überraschungseffekts willen.

Kalbshaxenscheiben

Aus allem anderen aber sollte man kein Dogma machen: Rotwein zu Fisch? Warum nicht? Spaghetti mit Tomatensoße? Wem’s schmeckt! Ja sogar Zwiebeln und Knoblauch sollte ab und an gestattet sein. Auch die Kombination von Seezunge und Räucherspeck kann durchaus ganz apart schmecken; der Sternekoch Henry Levy (Maitre, Berlin in den 80er Jahren) hat es geschmackvoll unter Beweis gestellt.

Das alles hier wollte ich bloß mal loswerden.

Der kleine Mike möchte bitte nicht aus dem Gartenparadies abgeholt werden

Vorteile gibt es zuhauf, wenn man in einer größeren Stadt lebt. Da wären zum einen die vielfältigen kulturellen Angebote, die Infrastruktur, man kann theoretisch auf ein Auto verzichten, MAN HAT SCHNELLES INTERNET und vieles mehr. Auf dem Lande zu leben ist mitunter gar nicht so leicht. Busverbindungen gibt es kaum, Kinder müssen mit Bussen in die Schule fahren, früher aufstehen als ihre Klassenkameraden, und wenn sie endlich zu Hause sind, sind die Mitschüler aus der Stadt oft schon mit den Hausaufgaben fertig. Hat man zudem noch ein Kind in der Obertufe, wird man auf dem Lande mit dem zwingenden Kauf einer Monatsbusfahrkarte zu 75 Euro diskriminiert. Die Verbindung mit der Außenwelt zu halten wird zumindest dann schwierig, wenn kein Auto (oder eines zu wenig) vorhanden ist, und die Internetverbindung noch aus den Anfängen des Pliozän zu stammen scheint.

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