Ragù di Cinghiale – Wildschweinragout mit Pappardelle und geschmorten Birnen in Rosmarin

Da räumt man seine Gefriertruhe auf und findet ca. drei Kilo feinstes, mageres Wildschweinfleisch aus Keule und Schulter. Hatten wir im letzten Herbst eingefroren. Und da wir jetzt für diverses Gartengemüse etwas Platz brauchen, taute ich es kurzer Hand auf, ohne schon genau zu wissen, was ich damit anfangen wollte.

Der holden Gattin ist – so kurz vor unserem Urlaub – nach Pasta. Also ein Ragù. Endlich kommt auch mein Fleischwolf wieder einmal zum Einsatz, freute ich mich und kramte in der Gemüseschublade im Kühlschrank: Möhren da, Stangensellerie da und Zwiebeln sowieso immer da – gut! Drei Kilo Wildfleisch gibt natürlich auch eine Menge Ragù, das ist aber nicht weiter schlimm, der Rest wird portioniert und in Gläser eingekocht, für den Rest des Jahres. Für das Ragù brauche ich:

  • 3 kg Wildschweinfleisch (Schulter/Keule für die nicht so magere Version auch Hals)
  • 6-7 Stangen Sellerie
  • 5-6 Möhren
  • 2-4 Zwiebeln, je nach Größe
  • 1/2 Liter Rotwein
  • 300 g Tomatenmark
  • 1 TL Wildgewürz
  • 4-5 Lorbeerblätter
  • Meersalz
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • Olivenöl zum Braten

Das geputzte und gewaschene Gemüse kommt – der Einfachheit halber – durch die grobe Scheibe des Fleischwolfs, und wird in reichlich Olivenöl angedünstet, bis die Flüssigkeit verdampft ist und es anfängt zu braten – es soll aber keine Farbe bekommen. Man merkt es gut am Geruch: sobald Röstaromen entstehen, das ebenfalls durch die grobe Scheibe des Wolfs durchgelassene Wildfleisch dazu geben und gut vermengen. Das Fleisch mit dem Gemüse gleich salzen und das Wildgewürz dazu geben. So tritt gleich Flüssigkeit aus dem Fleisch und kommt unserer Sauce zugute. Ist das Fleisch gleichmäßig angedünstet, kommt das Tomatenmark hinzu, welches ebenfalls kurz mitgdünstet wird. Abgelöscht wird mit dem Rotwein und evtl. etwas Wasser oder Brühe (ich bevorzuge tatsächlich Wasser, das verfälscht den Wildgeschmack nicht). Man kann natürlich auch noch mehr Rotwein angießen, aber um so schwerer wird die Sauce. Die Lorbeerblätter in den Topf geben und das Ragù mindestens fünf Stunden bei kleinster Hitze köcheln lassen. Das Ragù sollte nun dickflüssig, sämig sein, einen betörenden Duft verströmen und am liebsten mit dem großen Löffel pur verzehrt werden wollen. Dann ist es genau richtig.

Wildschweinragout mit Pappardelle und geschmorten Birnen in Rosmarin

Papardelle macht man am besten selber. Wenn aber die Zeit knapp ist, dann gehen auch welche aus einer guten Nudelmanufaktur aus den Abruzzen (demnächst bei uns im Shop). Für eine Person (Vorspeise):

  • 70 g Pappardelle
  • 1 Schöpflöffel Ragù
  • 1/2 Birne (Abate Fetel oder Forelle)
  • 2 kleine Zweige Rosmarin
  • Olivenöl und etwas Butter zum Braten
  • 50 g frisch geriebenen Pecorino Toscana

Das Ragù in einer kleinen Schwenkpfanne erhitzen, derweil die Pappardelle bissfest in reichlich Salzwasser kochen. Wenn sie gar sind, aus dem Wasser nehmen und zum Ragù geben. Mit dem Käse gut durchschwenken und auf einem Teller anrichten. Nebenher die halbierte Birne vom Kerngehäuse befreien und mit der Schale in Spalten schneiden. In einer Mischung aus Olivenöl und Butter mit einem Zweig Rosmarin in der Pfanne anbraten, bis sie Farbe nehmen. Mit etwas Fleur de Sel würzen und auf oder neben den Nudeln anrichten. Ein Zweiglein Rosmarin als Dekoration darauf geben und servieren. Man kann nun auch noch etwas toskanisches Olivenöl darüber träufeln, in dem Fall verzichte ich darauf, damit der feine Wildgeschmack besser durchkommt.

Da es auf den Herbst zugeht, passt das Gericht wunderbar zu den kälter werdenden Tagen, obwohl es auch an wärmeren Tagen mundet. Ende August, Anfang September sollten – mit etwas Glück – die ersten Steinpilze zu finden sein, die passen dann ebenfalls dazu; sie werden einfach gleichzeitig mit den Birnen angebraten.

Ragú di Cinghiale

 

Rosmarinhahn mit Knoblauch und Zitrone

Wobei der Knoblauch gar nicht in den Hahn kommt, sondern die Zitrone. Aber ich fange lieber vorne an: Es sollte Hähnchen geben. Da vier Personen zu essen gedachten, ganze zwei Hähnchen, und wer des Rechnens mächtig ist, schließt messerscharf: für jeden ein halbes. Nun mag ich die Viecher am liebsten gegrillt, in meinem Grill wird es allerdings mehr als nur eng für zwei 1300 Gramm schwere Broiler. Also im Ofen braten.

Zwei Hähnchen auf dem Weg in den Backofen. Weiterlesen

Totgefahrenes Coniglio alla Casa

Im Ernst, das erste Kaninchen das ich zubereitete, war ein totgefahrenes. Ein Wildkaninchen also, gemeuchelt mittels eines italienischen Autos im Harz. Vater und Onkel meines damaligen italienischen Arbeitgebers waren zu Besuch in Deutschland, und haben auf ihrer Reise ein Kaninchen „mitgenommen“ (im Übrigen auch einen nicht totgefahrenen, hausgekelterten Wein, der ganz fantastisch schmeckte und fast eine sirupartige Konsistenz hatte, nebst einigen Umdrehungen; die fünf Liter haben nicht lange gehalten). Die Verletzungen des Kaninchens waren zwar tödlich, haben aber kaum wichtige Fleischteile zerstört, sodass ich es nach dem Rezept der beiden Herren zubereiten sollte. Sie kamen, wie mein Arbeitgeber auch, aus der Gegend um Rom und hießen (heißen hoffentlich immer noch), wie kann es anders sein: Romani. Also gab es ein Kaninchen nach Art des Hauses Romani.

Nun habe ich kein Kaninchen totgefahren, sondern bereitete neulich einfach ein Hauskaninchen nach gleichem Rezept zu. Kaninchen gibt es bei uns eher selten, da das Fleisch – im Gegensatz zum Wildkaninchen – nicht sehr aromatisch ist, sondern durch die Sauce zum Highlight wird. Und die ist denkbar einfach in diesem Fall.

Zerteiltes Kaninchen

Ich brauche:

  • 1 Hauskaninchen (ca. 1,3 kg, ausgenommen, ohne Kopf)
  • 1 Glas trockenen Weißwein (Frascati)
  • 1 Dose geschälte Tomaten (800 ml) oder 1 kg vollreife, enthäutete Tomaten
  • 4 Zweige Rosmarin
  • 2 Peperoncini
  • 5 große Knoblauchzehen
  • Meersalz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • ½ Tasse bestes Olivenöl

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Steinpilztag

Warmes Wetter plus Regen ergibt Steinpilzsaison. Sagte ich mir am letzten Samstag, und machte mich kurzentschlossen und hoffnungsvoll auf den Weg in den Wald. Obwohl mein rasch zusammengesuchtes Equipement, bestehend aus Taschenmesser und Stofftasche, zu wünschen übrig ließ. Da ich nun nicht genau wusste was mich steinpilzerntetechnisch erwartete, wollte ich mich nicht zum Hänsel machen, indem ich mit Körbchen in den Wald spazierte. Wie peinlich, wenn man mit null Pilzen wieder heraus kommt, und einem Leute begegnen, die man vielleicht sogar kennt, und die selbstverständlich einen Eimer voll Pilze mit sich rumschleppen. Ich vermute, dass einige ihre saisonal gesammelte Ernte aus dem Vorjahr gefriertechnisch konservieren, und wenn die Saison losgeht, mit einem Berg gefrorener Pilze in den Wald marschieren; extra um mich in Verlegenheit zu bringen.

Tagszuvor war ich in Uslar auf dem Wochenmarkt, bei dem an zwei Ständen auch frische Steinpilze angeboten wurden. Zum Preis von 24,- bis 28,- Euro pro Kilo. Wenn ich also die Zeit der Suche nicht rechne, habe ich am Samstag durchaus ein Schnäppchen gemacht. An bekannter Stelle, an der normalerweise ganze Horden von Pilzsammlern aus der Umgebung den Wald durchkämmen (es wurde auch schon ein VW-Bus voll Polen gesehen, die systematisch den Wald durchkämmten, sodass für die Einheimischen, sprich mich, nichts mehr zu holen war), habe ich nach einstündiger Suche eine für zwei Personen ordentliche Menge ganz frischer Steinpilze geerntet.

frische Steinpilze

Sohn und Tochter waren nicht da, wobei die Tochter uns seit langem vorsorglich mit der Aufschrift auf linker Küchentafel über ihre Abwesenheit hinwegtröstet. Auf der anderen Seite ist es manchmal ganz schön, wenn man nur für zwei Personen kocht, die noch dazu den fast identischen Geschmack haben. Bis meine Frau meiner Meinung war, dauerte es schon ein paar Jahre, aber die Mühe hat sich gelohnt. Lediglich wenn es scharf werden soll, sind wir nicht d’accord.

Nachdem die zwölf Steinpilze geputzt waren (eigentlich waren es 13, denn der eine war ein Doppelpilz, einfach hat ja jeder), überlegte ich mir den Speiseplan.

Es sollte Roastbeef geben, aber das habe ich zugunsten eines Carpaccios mit Steinpilzen und Sommertrüffeln geändert. So habe ich denn das Fleisch pariert, in Klarsichtfolie eingeschlagen und angefroren.

Carpaccio mit Steinpilzen und Sommertrüffeln

Zutaten:

  • 200 g Roastbeef (oder besser Rinderfilet)
  • 2 mittelgroße Steinpilze
  • 1 Limette
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Sommertrüffel (vorzugsweise frisch, hier aus dem Glas)
  • 50-80 g Parmesan in feine Blättchen geschnitten
  • Fleur de Sel
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • 80 ml feinstes Olivenöl
  • Rucula zum garnieren

Das angefrorene Fleisch mit der Aufschnittmaschine hauchdünn aufschneiden und auf die Teller drappieren. Falls jemand unter uns weilen sollte, dem eine Aufschnittmaschine in der Küche noch fehlt, der kann das Fleisch mit dem Messer so dünn es möglich ist aufschneiden, und mit dem Plattiereisen zwischen zwei Lagen Frischhaltefolie vorsichtig von innen nach außen dünn klopfen.

Anschließend mit Pfeffer und Fleur de Sel würzen. Nun eine kleine Glaubensfrage: Knoblauch gepresst oder fein gehackt? Ich mache kein Dogma daraus, das kann jeder nach Gusto entscheiden. Ich mag den aggressiven Geschmack des Knoblauchs in diesem Fall, presse ihn durch die Knoblauchpresse und bestreiche das Fleisch damit. Wer weniger möchte, der reibe den Teller vorher mit einer halben Knoblauchzehe gut ein, so schmeckt man nur einen Hauch Knoblauch.

Frischer Knoblauch

Ich liebe Knoblauch, besonders den ganz frischen: herrlich!

Limettensaft gleichmäßig über das Carpaccio träufeln, nicht zu großzügig, denn das Fleisch wird sonst grau und unansehnlich. Die in feine Scheibchen geschnittenen Pilze und Trüffel auf dem Teller verteilen, das Olivenöl in dünnem Strahl darüber geben, zuletzt den Parmesan und die Rauke (Rucola) platzieren und servieren.

Carpaccio mit frischen Steinpilzen und Sommertrüffeln

Carpaccio mit Steinpilzen und Sommertrüffeln in Nahaufnahme

Schon mal eine schöne Vorspeise, aber es sind ja noch reichlich Steinpilze übrig, die möglichst frisch verarbeitet werden wollen:

Steinpilze in Weißweinbutter mit Rosmarin

Eine herrlich einfache Zubereitungsart, die höchsten Genuss verspricht.

Zutaten

  • 10 kleine bis mittelgroße Steinpilze (etwa 400 g)
  • 2 Knoblauchzehen, fein gehackt
  • 150 ml trockener Weißwein
  • 1 guter EL kalte Butter
  • bestes Olivenöl zum Anbraten
  • Meersalz
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • 1 Zweig frischer Rosmarin

Die geputzten Steinpilze in 3-4 mm dicke Scheiben schneiden. In der Pfanne wenig Olivenöl erhitzen und den gehackten Knoblauch kurz darin schwenken (er soll nicht braun werden). Die Steinpilze in die Pfanne geben und gut anbraten. Idealerweise bekommen sie etwas Farbe und geben keine Flüssigkeit ab. Mit dem Weißwein ablöschen und etwas einkochen lassen, mit wenig Salz und Pfeffer würzen. Die Hälfte der Rosmarinnadeln, und die kalte Butter dazugeben; unter ständigem schwenken der Pfanne sollen der Wein und die Butter eine Emulsion eingehen, die sich idealerweise auf dem Teller auch nicht wieder trennt. Auf vorgewärmte Teller anrichten, mit dem restlichen Rosmarin garnieren und sofort servieren. Dazu gibt es leicht angewärmte, knusprige Brötchen zum Auftunken der Sauce.

Steinpilze in Weißweinbutter

Steinpilze in Weißweinbutter auf Villeroy & Boch „Straßbourg“.

Das war leider schon das Ende unseres Steinpilztags. Jetzt warte ich auf die nächste Gelegenheit, den Wald mit meinem Taschenmesser unsicher zu machen; vielleicht nehme ich – mutig geworden –  sogar Körbchen und Gretel meine Frau mit …

Der kleine Mike möchte bitte nicht aus dem Gartenparadies abgeholt werden

Vorteile gibt es zuhauf, wenn man in einer größeren Stadt lebt. Da wären zum einen die vielfältigen kulturellen Angebote, die Infrastruktur, man kann theoretisch auf ein Auto verzichten, MAN HAT SCHNELLES INTERNET und vieles mehr. Auf dem Lande zu leben ist mitunter gar nicht so leicht. Busverbindungen gibt es kaum, Kinder müssen mit Bussen in die Schule fahren, früher aufstehen als ihre Klassenkameraden, und wenn sie endlich zu Hause sind, sind die Mitschüler aus der Stadt oft schon mit den Hausaufgaben fertig. Hat man zudem noch ein Kind in der Obertufe, wird man auf dem Lande mit dem zwingenden Kauf einer Monatsbusfahrkarte zu 75 Euro diskriminiert. Die Verbindung mit der Außenwelt zu halten wird zumindest dann schwierig, wenn kein Auto (oder eines zu wenig) vorhanden ist, und die Internetverbindung noch aus den Anfängen des Pliozän zu stammen scheint.

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