Schlemmerreise durch Italien – Podcast Teil 1

„Il Ghiottone Errante“ (übersetzt könnte man es „Die umherirrende Naschkatze“ oder „Der umherirrende Feinschmecker“ nennen) heißt das Original von Paolo Monelli, der in der 30er Jahren des letzten Jahrhunderts im Auftrag seines Arbeitgebers, der Zeitung „Corriere della Sera“ eine Schlemmerreise durch Italien machte, und diese in oben genanntem Buch veröffentlichte. Das Original wird immer einmal wieder aufgelegt, allerdings ist es nur in Italien zu bekommen. In den 70er Jahren hat der Heyne-Verlag die Übersetzung von Hansi Kessler (Schlemmerfahrt durch Italien) als ein Taschenbuch mit zusätzlichen 120 „Originalrezepten“ herausgegeben. Es erschien unter dem Titel „Spezialitäten der italienischen Küche“ mit dem Hinweis „Schlemmerreise durch Italien“ als Dachzeile (ISBN 3-453-40073-9). Die Rezepte sind – mit Verlaub – oft schlecht und wenig original, aber der Text!

Eines der schönsten Bücher über Italien, die ich bisher las. Dabei sehr humorvoll, manchmal melancholisch, machmal voll überbordender Begeisterung, manchmal poetisch. Ein Buch um Essen und Wein und Italien, teiweise heute noch aktuell.

Da ich es so schön finde, dachte ich: Mach doch mal einen Podcast! Der erste Teil folgt im Anschluss, weitere Teile produziere ich in unregelmäßiger Reihenfolge, so, wie es meine Zeit erlaubt.

Noch ein rechtlicher Hinweis: Trotz eingehender Recherche bei den Verlagen konnte mir niemand sagen, ob es für die Publikation als Podcast einen Rechteinhaber gibt. Wenn, dann sitzt er in Italien und ist nicht auffindbar. Sollte dieser Podcast gegen irgendwelche Rechte verstoßen, bitte ich um Nachricht in den nächsten zwei Wochen (dann nehme ich ihn sofort wieder herunter), oder er möge für immer schweigen!

Und nun geht’s los:

[audio: Monelli_1.mp3]

Ich stand vorm American Porterhouse

Was ja eigentlich Quatsch ist, denn die Porterhäuser stehen/standen in England. Dort wurde nicht nur das dunkle Porterbier ausgeschänkt, sondern auch hungrigen Gästen ein ordentlicher Batzen Fleisch gegen den Hunger angeboten. Aus anderen Quellen geht hervor, dass das Porterhouse-Steak seinen Namen Zacharias B. Porter verdankt, dem Leiter eines der größten Hotels in Brighton (Massachusetts), der später in Cambridge (Massachusetts) das Porter House Hotel gründete, das wiederum dem Porter Square und dem Porterhouse-Steak seinen Namen gab. Also doch Amerika?

American Porterhouse im Rohzustand

Völlig egal, es geht ums Fleisch. Dies hier oben stammt aus Amerika, von dortigen Weiderindern. Ob Angus oder Hereford war nicht in Erfahrung zu bringen, dafür war der Preis für das trocken gereifte, dann vakuumierte und schockgefrostete Porterhouse im Vergleich zu anderen Anbietern recht moderat: 29,- € pro Kilo. Das Steak wog ca. 700 g und war eine Augenweide. Fein marmoriert, mit einem kleinen Filetanteil (eigentlich also ein T-Bone-Steak, laut Auszeichnung ein Porterhouse, welches über einen größeren Filetanteil verfügen sollte) verurachte es wahre Speichelströme in meinem Mund, als es den Grill berührte, und die ersten Röstaromen durch die Küche zogen.

Bis es soweit war, musste es langsam auftauen (im Kühlschrank über zwei Tage) und wurde vor dem Braten zwei Stunden in der Küche auf Zimmertemperatur erwärmt. Der Fettrand wurde leicht eingeschnitten, damit sich das Fleisch beim Braten nicht biegt, wenn sich Fett und Silberhäute unter Hitzeeinwirkung zusammen ziehen. Bei so kostbarem Fleisch verzichte ich auf aromatisierende Kräuter, Marinaden und sonstiges Gedöns: Ich will den reinen Fleischgeschmack! Das Fleisch wurde nur mit ein wenig Olivenöl eingerieben, und kam dann auf jede Seite vier Minuten auf den Grill, anschließend zum Ruhen zehn Minuten in den 60°C warmen Ofen. Gewürzt wurde nur mit Fleur de Sel und Telliecherrypfeffer aus der Mühle. Ein Gedicht! Zart, saftig, voller Aroma!

Es lief kaum ein Tropfen Fleischsaft auf den Teller beim Anschneiden, der Saft hatte sich im Steak gut verteilt.

Vorweg gab es gemischten Salat mit Frenchdressing, dazu Ofenkartoffeln mit Aioli. Diese Kombination von „satt und zufrieden“ möchte man sich öfter gönnen. Demnächst probiere ich deutsches Angus, ebenfalls trocken gereift. Ich bin gespannt, ob das an die Qualität heran reicht. Das Original aus Schottland muss dann bis Weihnachten warten, aber das ist ja nicht mehr lange hin. Bestimmt werden die ersten Lebkuchen und Spekulatius in wenigen Tagen die Supermarktregale verstopfen.

Steinpilztag

Warmes Wetter plus Regen ergibt Steinpilzsaison. Sagte ich mir am letzten Samstag, und machte mich kurzentschlossen und hoffnungsvoll auf den Weg in den Wald. Obwohl mein rasch zusammengesuchtes Equipement, bestehend aus Taschenmesser und Stofftasche, zu wünschen übrig ließ. Da ich nun nicht genau wusste was mich steinpilzerntetechnisch erwartete, wollte ich mich nicht zum Hänsel machen, indem ich mit Körbchen in den Wald spazierte. Wie peinlich, wenn man mit null Pilzen wieder heraus kommt, und einem Leute begegnen, die man vielleicht sogar kennt, und die selbstverständlich einen Eimer voll Pilze mit sich rumschleppen. Ich vermute, dass einige ihre saisonal gesammelte Ernte aus dem Vorjahr gefriertechnisch konservieren, und wenn die Saison losgeht, mit einem Berg gefrorener Pilze in den Wald marschieren; extra um mich in Verlegenheit zu bringen.

Tagszuvor war ich in Uslar auf dem Wochenmarkt, bei dem an zwei Ständen auch frische Steinpilze angeboten wurden. Zum Preis von 24,- bis 28,- Euro pro Kilo. Wenn ich also die Zeit der Suche nicht rechne, habe ich am Samstag durchaus ein Schnäppchen gemacht. An bekannter Stelle, an der normalerweise ganze Horden von Pilzsammlern aus der Umgebung den Wald durchkämmen (es wurde auch schon ein VW-Bus voll Polen gesehen, die systematisch den Wald durchkämmten, sodass für die Einheimischen, sprich mich, nichts mehr zu holen war), habe ich nach einstündiger Suche eine für zwei Personen ordentliche Menge ganz frischer Steinpilze geerntet.

frische Steinpilze

Sohn und Tochter waren nicht da, wobei die Tochter uns seit langem vorsorglich mit der Aufschrift auf linker Küchentafel über ihre Abwesenheit hinwegtröstet. Auf der anderen Seite ist es manchmal ganz schön, wenn man nur für zwei Personen kocht, die noch dazu den fast identischen Geschmack haben. Bis meine Frau meiner Meinung war, dauerte es schon ein paar Jahre, aber die Mühe hat sich gelohnt. Lediglich wenn es scharf werden soll, sind wir nicht d’accord.

Nachdem die zwölf Steinpilze geputzt waren (eigentlich waren es 13, denn der eine war ein Doppelpilz, einfach hat ja jeder), überlegte ich mir den Speiseplan.

Es sollte Roastbeef geben, aber das habe ich zugunsten eines Carpaccios mit Steinpilzen und Sommertrüffeln geändert. So habe ich denn das Fleisch pariert, in Klarsichtfolie eingeschlagen und angefroren.

Carpaccio mit Steinpilzen und Sommertrüffeln

Zutaten:

  • 200 g Roastbeef (oder besser Rinderfilet)
  • 2 mittelgroße Steinpilze
  • 1 Limette
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 Sommertrüffel (vorzugsweise frisch, hier aus dem Glas)
  • 50-80 g Parmesan in feine Blättchen geschnitten
  • Fleur de Sel
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • 80 ml feinstes Olivenöl
  • Rucula zum garnieren

Das angefrorene Fleisch mit der Aufschnittmaschine hauchdünn aufschneiden und auf die Teller drappieren. Falls jemand unter uns weilen sollte, dem eine Aufschnittmaschine in der Küche noch fehlt, der kann das Fleisch mit dem Messer so dünn es möglich ist aufschneiden, und mit dem Plattiereisen zwischen zwei Lagen Frischhaltefolie vorsichtig von innen nach außen dünn klopfen.

Anschließend mit Pfeffer und Fleur de Sel würzen. Nun eine kleine Glaubensfrage: Knoblauch gepresst oder fein gehackt? Ich mache kein Dogma daraus, das kann jeder nach Gusto entscheiden. Ich mag den aggressiven Geschmack des Knoblauchs in diesem Fall, presse ihn durch die Knoblauchpresse und bestreiche das Fleisch damit. Wer weniger möchte, der reibe den Teller vorher mit einer halben Knoblauchzehe gut ein, so schmeckt man nur einen Hauch Knoblauch.

Frischer Knoblauch

Ich liebe Knoblauch, besonders den ganz frischen: herrlich!

Limettensaft gleichmäßig über das Carpaccio träufeln, nicht zu großzügig, denn das Fleisch wird sonst grau und unansehnlich. Die in feine Scheibchen geschnittenen Pilze und Trüffel auf dem Teller verteilen, das Olivenöl in dünnem Strahl darüber geben, zuletzt den Parmesan und die Rauke (Rucola) platzieren und servieren.

Carpaccio mit frischen Steinpilzen und Sommertrüffeln

Carpaccio mit Steinpilzen und Sommertrüffeln in Nahaufnahme

Schon mal eine schöne Vorspeise, aber es sind ja noch reichlich Steinpilze übrig, die möglichst frisch verarbeitet werden wollen:

Steinpilze in Weißweinbutter mit Rosmarin

Eine herrlich einfache Zubereitungsart, die höchsten Genuss verspricht.

Zutaten

  • 10 kleine bis mittelgroße Steinpilze (etwa 400 g)
  • 2 Knoblauchzehen, fein gehackt
  • 150 ml trockener Weißwein
  • 1 guter EL kalte Butter
  • bestes Olivenöl zum Anbraten
  • Meersalz
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • 1 Zweig frischer Rosmarin

Die geputzten Steinpilze in 3-4 mm dicke Scheiben schneiden. In der Pfanne wenig Olivenöl erhitzen und den gehackten Knoblauch kurz darin schwenken (er soll nicht braun werden). Die Steinpilze in die Pfanne geben und gut anbraten. Idealerweise bekommen sie etwas Farbe und geben keine Flüssigkeit ab. Mit dem Weißwein ablöschen und etwas einkochen lassen, mit wenig Salz und Pfeffer würzen. Die Hälfte der Rosmarinnadeln, und die kalte Butter dazugeben; unter ständigem schwenken der Pfanne sollen der Wein und die Butter eine Emulsion eingehen, die sich idealerweise auf dem Teller auch nicht wieder trennt. Auf vorgewärmte Teller anrichten, mit dem restlichen Rosmarin garnieren und sofort servieren. Dazu gibt es leicht angewärmte, knusprige Brötchen zum Auftunken der Sauce.

Steinpilze in Weißweinbutter

Steinpilze in Weißweinbutter auf Villeroy & Boch „Straßbourg“.

Das war leider schon das Ende unseres Steinpilztags. Jetzt warte ich auf die nächste Gelegenheit, den Wald mit meinem Taschenmesser unsicher zu machen; vielleicht nehme ich – mutig geworden –  sogar Körbchen und Gretel meine Frau mit …

Gedanken über das Kochen

Foodblogs überschwemmen das Internet, die Kochbuchregale in den Buchhandlungen biegen sich unter der Last der vielen Kochbücher, von denen es jeden Monat dutzende Neuerscheinungen gibt. Schaut man aber in die Einkaufswagen in den Supermärkten, packt einen oft das kalte Grausen: Fertigprodukte, Milchschnitten, Chips, Konservendosen, während in der Gemüseabteilung das Zeug vor sich hin gammelt. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären? Keine Ahnung! Stöbere ich so durch die Foodblogs, bin ich oft überrascht ob der wirklich guten Qualität der (nach)gekochten Rezepte.

Kochbücher

Zuerst einmal: Wer gut kochen will, muss auch selbst gerne gut essen! Wie sollte sie/er sonst gutes Essen beurteilen können? Wie soll denn ein junger Mensch, der mit Hausmannskost aus Dosen oder Tiefkühltruhe, mit Suppenterrinen und Salatkrönungen aufgewachsen ist, jemals gut kochen können? Sie/er kann ja noch nicht einmal gut schmecken! Ich kannte einmal einen Koch, dessen Eltern von der Spargelcremesuppe bis zu den Bratkartoffeln alles mit Maggi zukleisterten. Und so hat der Sohn dann auch gekocht. Was ich damit sagen möchte: viel Anteil an einer guten, schmackhaften und natürlichen Ernährung hat die Geschmacksprägung in der Kindheit.

Artischocken

Aber nicht nur dort finden Prägungen statt. Beispiel Olivenöl: Seit ca. 15-20 Jahren wird in Deutschland vermehrt Olivenöl gekauft. Die ersten Importeure im großen Stil, die Olivenöl für die breite Bevölkerung angeboten haben, waren die großen Discounter und Supermärkte. Was haben die importiert? Billigware, geschmacklich grenzwertig, teilweise schon in den Regalen ranzig und überlagert. Diesen fürchterlichen Geschmack (süßlich, nach Cassis, ranzig, schlammig etc.) assoziieren nun viele Menschen mit Olivenöl. Prägung der übelsten Sorte, letztlich aus Profitgier, vielleicht aber auch auf Grund der Unwissenheit der Einkäufer.

Demi Glace

Nun kann man sich aus diesem Teufelskreis nur befreien, indem man sich mit gutem Essen beschäftigt und langsam anfängt, über seine Nahrungszubereitung und -aufnahme nachzudenken. Lieber einmal weniger von dem schlechten, billigen (Fertig-)Produkt, und einmal das bessere probieren. Einfach frisches saisonales Gemüse verarbeiten, statt die Tiefkühltruhe oder die Konserve aufzureißen. Fleisch bei einem Schlachter kaufen, der Tiere aus artgerechter Aufzucht und der nahen Umgebung schlachtet. Besser drei Tage kein Fleisch, dafür ein Tag schmackhaftes, gutes Fleisch (zur Warenkunde gibt es hier ja schon so einige Tipps). Mal eine kleine Flasche bestes Olivenöl kaufen, bei dem der Erzeuger die Analysewerte bekannt gibt, und stolz auf seine Qualität ist. Auf Branntweinessig und Essigessenz verzichten, dafür zwei, drei Sorten guten Wein- und/oder Balsamessig kaufen. Der Vorteil ist nicht nur der bessere Geschmack, das zartere Fleisch, sondern auch die Aufmerksamkeit, die man dem Lebensmittel dadurch widmet. Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern Genuss, genau wie das Kochen. Kochen kann so meditativ sein, so entspannend. Alle Sinne werden beim Kochen angesprochen: riechen, schmecken, fühlen, sehen, hören. Das, was bei der „Zubereitung“ eines Fertigprodukts passiert, würde ich als emotionalen Spam, als Belästigung empfinden und einfach löschen.

Rouladen vom Dexterrind

Sogar ein einfaches Schnitzel kann etwas Wunderbares sein, wenn die Grundprodukte stimmen, und die Zubereitung optimal ist. Mit dem „Wasserfleisch“ aus dem Supermarkt klappt das nicht. Ein gutes Produkt zu verarbeiten ist eine Lust. Vor allem aber hat man einen gesunden Respekt dem Lebensmittel gegenüber, denn in der Regel war es etwas teurer als ein Massenprodukt und wird dementsprechend behandelt. Macht man das Kochen zu seinem täglichen Hobby, hat man bald genug Übung, um schon an Aussehen, Konsistenz und Geruch Gutes vom Schlechten zu unterscheiden. Ein/e gute/r (Hobby-)Koch/Köchin (einjede/r bastele sich die passende Anrede zusammen) ist sich zudem klar darüber, dass es immer jemanden gibt, der mehr weiß, größere Erfahrung hat und sollte immer bereit sein, dazu zu lernen. Er bewahrt sich eine gewisse Bescheidenheit. Das was zählt, ist auf dem Teller.

Rumpsteak vom Heckrind

Man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass alle Nahrungsprodukte natürlichen Ursprungs sind, quasi aus und von der Erde kommen, und das sollte man auch schmecken können. All’ diese Köche mit ihren Chemiebaukästen können mir gestohlen bleiben. Das verstehe ich nicht unter Kochen, sondern unter Food-Artistik: Gelierpülverchen unter Olivenöl rühren, um mit der Masse dann Olivenölspaghetti zu „konstruieren“, hat nicht viel mit Kochen zu tun. Zauberei um des Überraschungseffekts willen.

Kalbshaxenscheiben

Aus allem anderen aber sollte man kein Dogma machen: Rotwein zu Fisch? Warum nicht? Spaghetti mit Tomatensoße? Wem’s schmeckt! Ja sogar Zwiebeln und Knoblauch sollte ab und an gestattet sein. Auch die Kombination von Seezunge und Räucherspeck kann durchaus ganz apart schmecken; der Sternekoch Henry Levy (Maitre, Berlin in den 80er Jahren) hat es geschmackvoll unter Beweis gestellt.

Das alles hier wollte ich bloß mal loswerden.

CHROMA Haiku Damastkochmesser mit Musik

Irgendwann, sicher in diesem Jahr noch, erfülle ich mir einen Wunsch: ein echtes japanisches Messer! Dieses ist in der engeren Wahl, das

CHROMA Haiku Damastkochmesser mit 20 cm langer Klinge, 32 mal gefalzt

Wer es schon einmal bei der Arbeit sehen möchte, der schaue sich das Video an:

Peposo notturno

Nach Lesen des Buches „Hitze“ von Bill Buford, wollte ich unbedingt das Peposo nachkochen. Erst als der Entschluss feststand, die Rinderwade eingekauft war, recherchierte ich ein wenig im Netz und musste feststellen, dass ich nicht der erste war, der diese fleischlichen Gelüste hatte.

Egal, da musste ich durch. Das Peposo notturno (nächtliche Pfeffrigkeit) besteht nur aus fünf Zutaten: Rinderwade (Beinfleisch), Chianti, Knoblauch, Pfeffer und Meersalz. Viel puristischer geht es kaum noch. Keine Kräuter, keine Gewürze, kein Gemüse, nichts weiter. Appetit gemacht hatte mir diese Stelle im Buch:

„… Der Geschmack ist eine Offenbahrung: Es scheint unmöglich, dass etwas so intensiv Aromatisches mit so wenig zubereitet werden kann. Wenn ich es esse, erwische ich mich dabei, dass ich Wörter wie „rein“ oder „natürlich“ oder „gesund“ gebrauche. …“

Bill Buford, „Hitze“ Seite 363 (Linke siehe oben)

Das wollte ich auch. Als erstes musste die Wade vom Knochen, den Sehnen, Silberhäuten und allem befreit werden, was nicht Fleisch ist:

Ich nahm eine Rinderwade, präparierte sie wie oben, und gab das Fleisch in einen Bräter, darauf kam eine Flasche Chianti, eine Knolle Knoblauch, geschält, drei Esslöffel grob gemörserter schwarzer Pfeffer und Meersalz (leider etwas zu viel). Irgendwie sind mir dann noch ein paar Markstücke aus dem Knochen in den Bräter gerutscht, ganz unabsichtlich, natürlich. Den Ofen hatte ich bei Ober- und Unterhitze auf volle Pulle gedreht, gab den Bräter offen hinein, und stellte die Temperatur auf 100°C.

Die Idee war nun, dass sich im Laufe der nächsten acht bis neun Stunden das Fleisch in eine wunderbar zarte Masse verwandeln sollte, der Knoblauch sollte zerschmelzen, sodass er nicht mehr auszumachen wäre, und die Sauce sollte überhaupt alles toppen. Tja, was soll ich sagen: Fehlschlag auf der ganzen Linie! Nach neun Stunden war das Fleisch zwar weich, aber nicht wirklich zart. Die kleinsten Stücke hatten noch deutlich Biss. Der Knoblauch war noch regelrecht knackig, und die Sauce, von der ich mir am meisten versprach, war nicht nur versalzen (nur meine Schuld), sondern war nur ein lauer Abklatsch meiner vorherigen Geschmacksfantasie. Was war falsch gelaufen? Ich weiß es nicht wirklich. Auch weitere drei oder vier Stunden im Ofen hätten nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Da werde ich wohl noch etwas ausprobieren müssen (ich vermute, dass die Qualität der Haxe zu wünschen übrig ließ, dass sie wohl nicht genügend abgehangen war. Ich habe mir jetzt ein besseres Exemplar beim Metzger des Vertrauens bestellt, von einem Angusrind aus Deutschland – ich werde berichten.)

Kochen Sie mal kreativ!

Beim Durchblättern der Prospekte, die regelmäßig mit der Sonntagsanzeigenzeitung hier einflattern, bin ich bei real,- auf folgende Aufforderung gestoßen:

Kreativ kochen?

Um einen Kochkurs mit Armin Sauer (wer ist das?) aus der real,- Kochshow zu gewinnen, soll man aus den zehn abgebildeten Artikeln des real,- „QUALITY“-Sortiments (Anführungszeichen von mir) ein kreatives Gericht zaubern. Zaubern muss man allerdings können, um aus gefrorenen Zwiebelwürfeln, billiger Olivenölplörre und Fruchtjoghurt etwas nur halbwegs Essbares zustande zu bringen. Wer bitte, der kreativ kocht, nimmt gefrorene Zwiebelwürfel? Oder gefrorenes Gemüse, wo es doch frisches zu Hauf gibt? Die Zusammenstellung von Olivenöl, Mozzarella, Basilikum und Pinienkernen lässt einen doch vor Kreativität kaum aus den Augen gucken, oder? Nun ja, hier mein Vorschlag: Thunfisch in Blätterteig auf Wild- und Naturreis mit geschmolzenem Basilikum-Pinienkern-Mozzarella. Den Rest schmeißen wir einfach weg! Mahlzeit!

Musik dazu: Stoppok – Learnig by burning

Frittata mit Zucchini

Bei der Zucchinischwemme muss man sich echt was einfallen lassen, um sie möglichst unlangweilig auf dem Speisezettel unterzubringen. Heute gab es die Kürbisgattung in einer Frittata mit Basilikum, Zwiebeln und Tomaten. Eine feine Vorspeise, oder ein voluminöser Hauptgang. Bei uns Letzteres, die Pfanne hat Schuld. Die hat den stattlichen Durchmesser von 32 cm, was bedeutet, dass ich mindestens neun Eier brauche. Mehr ist auch nicht schlimm, denn schon weiland der Olli Kahn rief seinen Mitstreitern zu: „Wir brauchen Eier, Eier!“

32 cm durchmessende Frittata

Nun denn:

Zutaten

  • 3 mittelgroße Zucchini
  • 2 – 3 mittelgroße Zwiebeln
  • 1 – 2 Tomaten, gewürfelt
  • 9 Eier
  • Meersalz
  • Pfeffer schwarz, aus der Mühle
  • 1 Bund frisches Basilikum in feine Streifen geschnitten (Chiffonade)
  • 50 – 80 g Pecorino oder Parmigiano geraspelt (bitte frisch raspeln, das schmeckt man)
  • bestes Olivenöl zum Braten

Die Zwiebeln halbieren und in Streifen schneiden, Olivenöl in einer separaten Pfanne (die über einen Deckel verfügen sollte) erhitzen, die Zwiebeln hineingeben, kurz anrösten und mit geschlossenem Deckel weiterschmoren. Die gewaschenen Zucchini in ca. 3 mm breite Scheiben schneiden und zu den Zwiebeln geben, wenn diese eine bräunliche Färbung aufweisen. Salzen, pfeffern und weiterschmoren, bis die Zucchini fast gar sind (ab und zu wenden nicht vergessen; wer richtig cool ist, der schleudert das Gemüse in der Pfanne).

Derweil die Eier in eine Schüssel schlagen, mit wenig Salz und Pfeffer nach Geschmack würzen, mit dem Schneebesen aufschlagen und dann den geschnittenen Basilikum und den geriebenen Pecorino oder Parmesan unterrühren.

Das fertige Gemüse etwas auskühlen lassen. Jetzt die große bescichtete Pfanne auf den Herd stellen, etwas Olivenöl (oder Butter, die war hier gerade aus) erhitzen, aber nicht zu heiß werden lassen. Ist das Fett heiß, das Gemüse etwas abgekühlt, dann das Gemüse zu den Eiern geben, gut umrühren und das gesamte „Schlackermaschüh“ in die Pfanne geben. Alles gut verteilen und dann nichts mehr machen. Wichtig ist, dass die Frittata ganz langsam brät. Jetzt den Backofen bei Oberhitze (oder den Grill) auf 180°C vorheitzen, denn die Schweinerei mit dem Wenden der Frittata ersparen wir uns. Beim Rütteln an der Pfanne merken wir, ob die Frittata noch zu flüssig ist, oder schon bereit für den Ofen. Die Masse soll sich schon noch bewegen, aber nicht mehr ganz flüssig sein. Hat sie die richtige Konsistenz, kann sie unter den Grill, bzw. in den Ofen. Es ist überaus hilfreich, wenn der Griff der Pfanne die Hitze aushält. Ich habe das Problem nicht, ich kann den Griff abnehmen. Hat die Frittata Farbe genommen, ist sie auch schon fertig und kann serviert werden. Wer keinen 32 cm durchmessenden Teller hat, der denkt sich was aus, oder reduziert das Rezept um ein Drittel und nimmt die 25er Pfanne.

Ich hatte noch etwas geriebenen Schnittkäse übrig, der kam auch noch auf die Frittata, man wirft ja nichts weg. So eine Frittata ist ein richtiger Tausendsassa, die emanzipierte sogar eine Tausendsassarin. Man kann mit unheimlich vielen Zutaten variieren (also jetzt nicht Kühlschrank ausfegen und Frittata machen, die Zutaten sollten schon frisch sein), und so fast jede Woche Frittata machen, immer wieder anders. Wer’s nachmachen möchte, dem wünsche ich schon mal gutes Gelingen (so eine 32 cm-Frittata unfallfrei auf einen Teller zu bekommen erfordert schon etwas Geschick).

Frittata con Zucchine

Traditionell wird die Frittata in Italien in Vierteln (Achteln etc.) serviert, kann heiß, warm oder mit Zimmertemparatur genossen werden, lediglich aus dem Kühlschrank ist sie bäh! Und das Bestreuen mit gehackter, glatter Petersilie konnte ich mir nicht verkneifen.

Mike’s Beefsteak auf Rucolasalat

Mike’s Beefsteak Tatar

Als die wilden Tartaren durch die russischen Steppen ritten, hatten sie immer eine Wegzehrung dabei: Fleisch. Damit das schön zart wurde, wurde es unter dem Sattel weich geritten. Ob das wirklich geschmeckt hat, wage ich zu bezweifeln. Trotzdem standen die Tartaren (oder Tataren) Pate für das „Beefsteak Tatar“, welches übrigens erstmals 1851 in einem deutschen „Gastrosophiebuch“ von Friedrich Christian Eugen Baron von Vaerst erwähnt wurde. Nun heißt das Gericht zwar „Beefsteak“ wird aber mitnichten gebraten, sondern roh verzehrt. Die klassische Rezeptur dafür: mageres Rinderhackfleisch aus Keule, Roastbeef oder sogar Filet durch den Fleischwolf gegeben, mit Salz und Pfeffer gewürzt, wie eine Frikadelle geformt, oben eine Vertiefung eingedrückt, in der ein Eigelb, fein geschnittene Zwiebeln und Kapern, sowie Sardellenfilets Platz finden.

Die klassische Zubereitung mag ich sehr gerne, abgesehen von den Sardellen. Kapern können, müssen für mich aber nicht unbedingt dabei sein. Eine Abwandlung des Gerichts habe ich mir einfallen lassen, die dem Namen Beefsteak eher gerecht wird, und durchaus als Hauptspeise durchgehen kann. Dabei bin ich viel zu großzügig mit dem Fleisch gewesen, sodass folgendes Rezept locker auch für sechs Personen reicht. Lediglich die Salatmenge müsste erhöht werden.

Zutaten

  • 1 kg Tatar (Schabefleisch)
  • 2 Zwiebeln, fein gewürfelt
  • 4-6 Cornichons, fein gewürfelt
  • 1-2 EL kleine Kapern
  • 5 cl Gin (Hendrick’s ist mein Favorit)
  • 4 Eigelb
  • 50 ml bestes Olivenöl
  • ½ frische Chillischote, fein gewürfelt
  • ½ TL Bockshornkleesamen, gemahlen
  • ½ TL Currypulver
  • ½ TL Paprikapulver (mild oder scharf, nach Geschmack)
  • Meersalz
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle

Für den Salat

  • 150 g Rucola (Rauke)
  • 1 EL Rotweinessig (Weißweinessig geht natürlich auch)
  • ½ EL Balsamico (hier nicht an der Qualität sparen)
  • 5 EL bestes Olivenöl
  • Meersalz

Für das Tatar kommen alle Zutaten in eine Schüssel und werden gut vermengt. Dann daraus Bouletten formen. Wer über diese schönen Anrichtehilfen, Stahlringe, verfügt, nehme diese, sieht dann noch professioneller aus. Die Beefsteaks kalt stellen, und die Rauke gut waschen und trockenschleudern. Ich packe die abgetropfte Rauke auf ein Geschirrtuch, nehme alle vier Zipfel in eine Hand und gehe auf den Balkon zum Schleudern. Vorher vergewissere ich mich allerdings, ob nicht gerade jemand darunter ist, der könnte nass werden. Das Salatschleudern mache ich übrigens auch im Winter auf dem Balkon. Es hört sich lustig an, wenn bei minus 20° C die kleinen Eiskörner auf den Hof klackern (und eine eventuell getroffene Katze, protestierend jaulend, davon springt).

Die Zutaten des Dressings mit dem Schneebesen zu einer Emulsion verrühren, den Salat dazugeben und gut vermischen. „Der Salat muss fließen!“, sagte mir einmal der Rungis Express-Gründer Karl-Heinz Wolf auf einer Ölivenölmesse in Köln. Auf Tellern anrichten.

Eine Stahlpfanne heiß werden lassen, Traubenkernöl hinein geben (hat einen höheren Rauchpunkt, eignet sich deshalb hervorragend zum scharfen Anbraten) und die Beefsteaks von jeder Seite nicht länger als 30 Sekunden anbraten, sie sollen außen eine schöne Kruste bekommen und innen noch kalt sein. Das „Reiterfleisch“ nun auf das Salatbett setzen und sofort servieren. Ich habe noch dreierlei Sprossen als Garnitur darauf gegeben (Rote Beete, Alfalfa und Porree). Dazu passt Brot, ich habe mich aber für Rösti entschieden, die ich aus rohen geraspelten Kartoffeln, die nur mit Fleur de Sel und Pfeffer gewürzt hergestellt und in Olivenöl ausgebacken wurden. Sie waren schön kross und passten sehr gut zu dem Tatar mit dem Salat. Die Berner würden jetzt wahrscheinlich schimpfen, denn die sind der Meinung, „Röschti“ müssten aus gekochten Kartoffeln hergestellt werden. Der Knusprigkeit halber mache ich sie lieber aus rohen Kartoffeln, sie müssen ja keine Sauce aufnehmen.

Rösti

Die Rösti sollten eigentlich eine Herzform bekommen, haben sich aber vehement gewehrt, sich der Form anzupassen. Aber mit viel Fantasie …

Ricottanockerl auf Tomatencarpaccio

Ricottanockerl mit Tomatencarpaccio

Da ja mittlerweile alles, was in dünne Scheiben geschnitten auf den Tisch kommt, als Carpaccio bezeichnet wird, schließe ich mich heute dieser Unsitte an, auch wenn die Scheibchen von den heimischen Gartentomaten sooo dünn gar nicht waren. Außerdem hätte es Ricottanockerln heißen müssen, es waren nämlich zwei.

Am meisten freute ich mich auf die erste Ochsenherztomate aus eigenem Anbau: zu Recht! War sehr aromatisch und hatte eine schöne Süße und angenehme Säure. Des Weiteren gesellten sich noch Scheibchen von gelben Tomaten, halbe Cocktailtomaten und Scheiben einer „normalen“ Sorte. Gewürzt einfach mit Meersalz und Tellycherriepfeffer aus der Mühle, beträufelt mit bestem Olivenöl (Alisseos). Dazu gab es aus Büffelricotta hergestellte Nockerl (Nocken). Büffelricotta mit Meersalz würzen und mit Olivenöl glattrühren, 1 -2 kleingehackte Frühlingszwiebeln und ebenfalls kleingeschnittene Basilikumblätter unterrühren und mit einem Löffel Nockerl formen und auf den Tomaten platzieren. Im Nachhinein ließe ich die Frühlingszwiebel weg, war ein wenig zu deftig, ansonsten eine sehr schmackhafte und einfache Vorspeise, die aber nur mit aromatischen Tomaten funktioniert. Zudem ist das keine Diätspeise, denn durch den Ricotta mit zusätzlichem Olivenöl und dem Öl auf den Tomaten kommt schon einiges Fett in die Mägen der Nockerln verzehrenden Damen und Herren.